In der Verkehrspolitik macht die Landesregierung viele Fehler – und sich angreifbar

Woran können Hamburger auf den ersten Blick erkennen, dass der Termin der Bürgerschaftswahl näher rückt? Die Zahl der Straßenbaustellen sinkt rapide. Eine Entwicklung, die in den vergangenen Wochen begann, nimmt jetzt noch weiter Tempo auf. Spätestens im November, so das Ziel des SPD-Senats, soll Schluss sein mit Dauerstaus durch Baustellen und den daraus resultierenden Debatten über Sinn und Unsinn einer Busbeschleunigung. Die SPD dürfte alles daransetzen, das Thema vor dem im Herbst beginnenden Wahlkampf aus der öffentlichen Wahrnehmung herauszubekommen.

Gutes Regieren, also solides Verwaltungshandeln, hatte Olaf Scholz noch aus der Opposition heraus den Wählern vor knapp vier Jahren versprochen. Die Hamburger haben es gern gehört und mit der Wahl der SPD auch honoriert, waren sie doch in den letzten, eher chaotischen Monaten einer gut gestarteten schwarz-grünen Koalition genervt von Streit und Zank und häufig fehlender Professionalität.

Der Vertrauensvorschuss auf dieses Versprechen wirkte zuletzt aber aufgebraucht. Zu oft standen Autofahrer im Stau, kaum ein Tag ohne neue Baustelle, kaum ein Tag mit fließendem Verkehr, kaum ein Tag ohne lautstarke Kritik der Opposition. Es schien – und scheint –, als hätten CDU (pro Autofahrer) und Grüne (pro Radfahrer) endlich einen Hebel gefunden, dem Senat zuzusetzen und fehlende Solidität nachzuweisen. Das war zuvor nicht gelungen. Die Kita-Gebühren gesenkt, die Kleinkindbetreuung verbessert, Studiengebühren abgeschafft, deutlich mehr Wohnungen gebaut – der SPD-Senat hatte umgesetzt, was er versprochen hatte. Also gut regiert.

Aber beim Thema Verkehr und Baustellenmanagement hagelte es Fehler. Zu viele auf einmal. Zu unkoordiniert. Und dann auch noch überflüssig? So die Wahrnehmung in der Stadt. Dass es in diesen Tagen etwas besser wirkt, liegt daran, dass viele Hamburger in Urlaub sind – und dass der Wahltermin näher rückt. Die Baustellen werden weniger.

Die Fehler aber bleiben. Der jüngste ist, dass Autofahrer seit gestern Geld auf Park-and-ride-Plätzen zahlen sollen. Die Gegenleistung: so gut wie nichts. Die Plätze gab es zuvor, nur werden sie jetzt etwas aufgehübscht. Aber für Pendler, die das tun, was der Senat propagiert – das Auto abzustellen und dann mit Bus oder Bahn in die Innenstadt zu fahren –, verteuert sich der HVV umgerechnet um etwa 20 Prozent. So wird der Wechsel vom Auto in den Bus unnötig erschwert – trotz Busbeschleunigung.

Hamburg verspricht sich von dieser Maßnahme Einnahmen von rund einer Million Euro. Allein der Verwaltungsaufwand, um das Geld einzutreiben, dürfte kaum geringer sein. Im Vergleich dazu war die Idee von der Einführung einer Pkw-Maut ein Geistesblitz.

Den nächsten Fehler in Sachen Verkehrspolitik begeht der Senat, wenn er sich wie zuletzt immer offensiver der Radfahrerlobby andient. In seiner Regierungserklärung war das Thema Bürgermeister Olaf Scholz eine Randnotiz wert, jetzt scheint es beinahe so, als gäbe es kein wichtigeres Thema im Bereich der Verkehrspolitik.

Fahrradfahren zu fördern ist sicher honorig und ökologisch vernünftig. Aber Hamburg ist nicht Münster, jeder Vergleich mit der Stadt in Westfalen kann nur hinken. Als Millionenstadt, Ballungsraum und Handelsmetropole ist Hamburg darauf angewiesen, dass der Verkehr fließt. Fahrradförderung auf Kosten des Autoverkehrs ist ein Fehler. Damit manövriert sich Hamburg, um im Bild zu bleiben, in die Sackgasse.

Staus kosten Geld, Zeit, Nerven, Ansehen. Am auffälligsten ist das schon seit Monaten im Hafen und auf den angrenzenden Straßen. Hier heißt es beinahe täglich: Nichts geht mehr. Um dieses Thema sollte sich der Senat besser kümmern.