Der Standort Hamburg hat den Anschluss zur Spitze verloren. Was fehlt, ist eine Innovationsstrategie, die ihren Namen verdient

Die aktuelle Debatte zum Wissenschaftsstandort Hamburg ist nicht neu. Sie ist allerdings richtig und wichtig. In den letzten Jahrzehnten ist viel zu wenig passiert, sodass Hamburg weiterhin meilenweiten Abstand zu den Innovationszentren im Süden und Westen Deutschlands hat.

Auf die Bedeutung des Zusammenwirkens von Wissenschaft und Wirtschaft für eine prosperierende und zukunftsfähige Stadt hat unsere Handelskammer seit Jahren hingewiesen. Gerade in der heutigen Zeit, in der Wissen der wesentliche Rohstoff einer Volkswirtschaft ist, sind Wirtschaft und Wissenschaft wie die zwei Seiten einer einzigen Medaille. Mit sechs staatlichen und 13 staatlich anerkannten privaten Hochschulen sind wir prinzipiell sehr gut aufgestellt. Um dieses Potenzial aber auch richtig auszunutzen, fehlt es bisher an einer klaren Strategie.

Unsere Handelskammer hat hierfür mehrere konkrete Vorschläge gemacht, zum Beispiel für einen funktionierenden Technologietransfer, eine effektive Clusterpolitik unter Beteiligung von Wirtschaft und Wissenschaft, den Ausbau der angewandten Forschung durch die Ansiedlung von Fraunhofer-Einrichtungen oder zuletzt für den Aufbau von Technologieparks in Hamburg. Wir dürfen nicht vergessen, dass Hamburg das einzige Bundesland ist, das kein eigenständiges Fraunhofer-Institut besitzt. Die vom Senat vor einigen Tagen beschlossene Fraunhofer-Strategie ist zwar das richtige Signal, diese Strategie muss nun aber auch konsequent umgesetzt werden. Gleiches gilt für die Entwicklung von Technologieparks. Seit der 1980er-Jahre wurden daher Technologieparks nahezu flächendeckend in Deutschland eingerichtet. Der größte Technologiepark in Deutschland existiert in Berlin und hat eine Fläche von 420 ha. In Hamburg diskutieren wir gerade die Entwicklung von drei kleineren Technologieparks von bis zu 15 ha, wobei auch diese Flächen noch in Konkurrenz zu Hundeauslaufwiesen und Sportplätzen stehen.

Bei der Diskussion um den Wissenschaftsstandort Hamburg haben wir immer betont, dass die finanzielle Ausstattung der Hochschulen nur eine Bedingung, aber nicht die alleinige Voraussetzung für die Schaffung oder den Erhalt von exzellenter Forschung ist. Begrenzte öffentliche Mittel können nämlich auch der Initiator für eine stärkere Fokussierung und Profilbildung sein. Das wiederum kann dabei helfen, Exzellenz entstehen zu lassen. Dadurch wird es dann ermöglicht, leichter, besser und enger mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten. Die jetzt im Hamburgischen Hochschulgesetz festgeschriebene Verpflichtung der Hochschulpräsidenten, über jede Kooperation mit der Wirtschaft öffentlich zu berichten, wird es den Hochschulen in vielen Fällen unmöglich machen, überhaupt Partner in der Wirtschaft zu finden. Denn dieser Gesetzespassus geht an der unternehmerischen Realität weit vorbei.

Was unserer Stadt fehlt, ist eine Innovationsstrategie, die nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch konsequent im politischen Diskurs – angefangen beim Bürgermeister – gelebt und in der Praxis umgesetzt wird. Dazu gehören sechs zentrale Punkte:

1. Die klare Zuordnung des Themas bei einer Behörde, die die Verantwortung für Wissenschaft, Innovation und Technologie trägt, Budgethoheit hat.

2. Exzellente Hochschulen, die mit einem auskömmlichen Gesamtbudget autonom wirtschaften können, sich ein klares Profil in Forschung und Lehre geben und die ihre Zusammenarbeit mit der Wirtschaft intensivieren.

3. Eine Verstetigung der Arbeit der Innovations-Kontaktstelle (IKS), die als Projekt seit vier Jahren von Wirtschaft und Wissenschaft getragen wird.

4. Die bessere Vermarktung unserer Wissenschaftsleuchttürme wie des KlimaCampus, des Centers für ultraschnelle Bildgebung, des exzellenten Luftfahrtclusters oder der Spitzenforschungseinrichtung Desy. Dazu würde dann auch ein eigenständiges Fraunhofer-Institut in Hamburg gehören, das wir schnellstmöglich benötigen.

5. Die konsequente Umsetzung des bereits vorliegenden Konzepts zur Etablierung von kurzfristig mindestens drei Technologieparks, die in direkter Nähe zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen liegen und zudem ausreichend Flächen für Gewerbeansiedlungen bieten.

6. Die Schaffung eines attraktiven Lebens- und Arbeitsumfelds für wissenschaftliche Talente aus der ganzen Welt. Dazu gehört auch eine ausgeprägte Willkommenskultur.

Die HSV-Kolumne „Matz ab“ startet an dieser Stelle wieder mit Beginn der neuen Saison.