Beschränkter Horizont: Sylt ist überall – so wird die Energiewende misslingen

32 Kilometer westlich von Sylt kann man besichtigen, woran eines Tages die Energiewende scheitern könnte – dieses tollkühne Gesamtkunstwerk, das viele Deutsche zunächst gefeiert haben und zusehends verwünschen. Schon 2002 hatte das Bundesamt den Windpark „Butendiek“ genehmigt – dahinter stand eine charmante Idee: Außendeichs sollte für die Menschen der Region ein Bürgerwindpark entstehen, der Klimaschutz, Wertschöpfung vor Ort und Rendite versprach. Obwohl sich über 8000 Menschen beteiligten, musste die Gesellschaft das Projekt doch verkaufen. „Butendiek“ verzögerte sich.

Nun wird endlich gebaut, da regt sich wieder Widerstand. Der Naturschutzbund Nabu hat im April gegen den Windpark Klage beim Verwaltungsgericht Köln eingelegt. Er fürchtet um die Kinderstube der Schweinswale, um Stern- und Prachttaucher. Und auf Sylt bangt der Fremdenverkehr ums Geschäft – hier beklagt man die vermeintliche optische Verschandelung des Horizonts und störende Blinkzeichen vom 32 Kilometer entfernen Windpark. Man muss diese Bedenken respektieren, man muss ihnen aber nicht zwangsläufig nachgeben. Es mutet schon etwas absurd an, dass sich die Westerländer solche Sorgen um einen Windpark weit draußen auf dem Meer machen, die Verschandelung ihrer eigenen Insel durch Hochhäuser und Plattenbauten aber noch vor wenigen Jahrzehnten selbst forciert haben. Die Skyline des Hauptortes etwa prägt die Insel nachhaltiger und negativer, als dies ein Windpark je könnte. Ohnehin ist die Hässlichkeit von Rotoren immer auch eine Frage der inneren Sichtweise: Sieht man Windräder als Chance und nicht als „Verspargelung“ der Landschaft, verlieren sie ihre Dramatik.

Umweltschützer wie Einheimische wissen, dass der ambitionierte Umbau der Energieversorgung nur gelingen wird, wenn alle mitmachen statt zu bremsen. Gerade Windparks auf dem Meer sind unverzichtbar, um eine zuverlässige und kostengünstige Stromproduktion zu ermöglichen. Schleswig-Holstein muss sich entscheiden, ob es Land der Horizonte sein will – oder zum Land des beschränkten Horizonts werden möchte.