Das Bachelor- und Master-System an den Hochschulen muss dringend reformiert werden

Bologna ist ein Ort, dessen Name an deutschen Hochschulen keinen übermäßig guten Klang hat. Zum 15. Jubiläum der Studienreform, die nach der italienischen Stadt benannt wurde, knallen jedenfalls nicht die Sektkorken.

Die Reform, die den Hochschulen ein sehr formalisiertes System aus Bachelor- und darauf aufbauend Masterstudiengängen bescherte, sollte zu mehr europäischer Vergleichbarkeit und Effektivität führen, die Ausbildung stärker auf den Arbeitsmarkt ausrichten, weniger Abbrecher und jüngere Absolventen hervorbringen. In einem etwas holprigen Prozess mit einigen Korrekturen wurden manche dieser Ziele erreicht; der ganz große Protest hat sich gelegt.

Doch verstummt ist die Kritik nicht. An der starken Verschulung des Studiums, die kaum Raum lässt für einen umfassenden Bildungsanspruch. Am Stress durch fortwährende Prüfungen und ein striktes Punktesystem. An weiterhin hohen Abbrecherquoten und einem Bachelor-Abschluss nach sechs Semestern, dem vielfach das Etikett „Schmalspur“ anhaftet. Zu den pointiertesten Kritikern in Deutschland gehört Hamburgs Universitätspräsident Dieter Lenzen. Die Universität, sagt er, sei von der Bildungsstätte zur Erziehungsanstalt mutiert. Das sieht man auch in der Hochschulrektorenkonferenz nicht gänzlich anders. Bildung in vielen Fällen auf Ausbildung zu reduzieren sei der Preis für die Bildungsexpansion, heißt es dort.

Hinzu kommt: Zeitgleich mit der Bologna-Reform an den Hochschulen wurden auch die Gymnasien durch die Verkürzung der Schulzeit auf acht Jahre auf mehr Effektivität und Zweckorientierung getrimmt. Das verstärkt die Entwicklung und wirft die Frage auf: Was hat die Gesellschaft eigentlich davon, wenn Kinder erst effizienzorientiert durch die Schule hetzen, um dann, ebenso sehr auf das Ergebnis bedacht, in kürzeren, verschulten Studiengängen die Hochschulen zu durchlaufen und mit 22 Jahren als fertige Akademiker auf den Arbeitsmarkt zu drängen – auf diesem Weg aber kaum Lebenserfahrung sammeln und ihre Persönlichkeit ausbilden konnten? Wie verändert es unsere Gesellschaft? Und wollen wir das?

Als Problemfall gilt insbesondere der Bachelor-Studiengang. Dass er tatsächlich – wie von den Vätern und Müttern der Reform gewollt – ausreichend auf den Job vorbereite, glaubten in einer Allensbach-Umfrage kürzlich weniger als ein Viertel der Befragten. Ein Bachelor in Chemie ist eben noch kein Chemiker; im Lehrerstudium reicht dieser Abschluss auch formal nicht, um an einer Schule zu unterrichten. Eine Mehrheit der Studenten will deshalb noch einen Master-Abschluss anhängen. Doch es gibt viel zu wenig Master-Studienplätze, um ihren Wunsch zu erfüllen – auch in Hamburg.

Lenzen hat vor geraumer Zeit vorgeschlagen, zumindest die Zahl der Semester bis zum Bachelor regelhaft von sechs auf acht zu erhöhen. Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt zeigte sich dafür aufgeschlossen. Die Hansestadt könnte dies im Alleingang regeln. Passiert ist allerdings bisher noch nichts.

Mutiger wäre es, einen Schritt weiter zu gehen und das System umzustellen. Der Master sollte der vollwertig-wissenschaftliche Regelstudiengang sein, der Bachelor wäre eine Variante. Wer nach sechs Semestern die Universität verlässt und ins Berufsleben geht, hätte einen Abschluss. Das wäre ein echter Vorteil gegenüber dem Vor-Bologna-System, als Abbrecher auch nach vielen Semestern mit leeren Händen dastanden. Einen Haken hat die Sache: Für den Master als Regelstudiengang benötigen die Hochschulen mehr Geld.

Die Politik muss entscheiden, ob ihnen mehr Bildung statt Ausbildung diesen Preis wert ist.