Wenn jemand in Erftstadt ein neues Kirchen(steuer)mitglied wirbt, zahlt ihm der evangelische Pfarrer eine Sachprämie. Vorbild ist der ADAC. Dafür braucht man wirklich Gottvertrauen.

Martin Luther (1483–1546) lebte zur falschen Zeit, um sich selbst ein Bild von Kaffeemaschinen oder Bobbycars machen zu können. Für den evangelischen Pfarrer Helmut Schneider-Leßmann sind das zwei Prämien, mit denen er jene belohnt, die ein neues Kirchen-(steuer)mitglied werben. Auf der Internetseite seiner Gemeinde Erftstadt-Lechenich bei Köln rechtfertigt er seine Aktion: „Warum nicht vom ADAC lernen?“ Der habe seine „gelben Engel“ auch dem Religiösen entlehnt. Und beide seien zur Stelle, „wenn’s mal nicht richtig läuft“. Der ADAC als Vorbild? Das ist Gottvertrauen.

Dennoch will er nach einem Jahr nachrechnen, ob das „mehr war als ein netter Gag“. Fünf Kircheneintritte gab es in den ersten Wochen, mehr als sonst im ganzen Jahr. Unterm Strich also ein Gewinn? Mehr als bei dem Thesenanschlag an der Kirchentür, den sich ein Priester im kroatischen Ploce ausdachte. Dort versprach er 135 Euro den Eltern, die ihr Kind „nach Großvater, Großmutter oder einem Heiligen benennen“. Daneben hängte er eine Liste mit Vorschlägen wie Ante, Ana, Marija oder Petar, Letzterer sein eigener Name. Die Summe entspricht dem Wert eines Kugelgrills oder einer Armbanduhr, zwei weitere Prämien in Erftstadt. Alle sind gespendet, wie das Apfelbäumchen, das der Pfarrer jüngst einem Werber überreichte. Ein Dankeschön im Sinne Luthers. Der wollte sogar eins pflanzen, „wenn morgen die Welt unterginge“. Kleiner Haken: Für das berühmte Zitat gibt es keinen klaren Beleg. Vielleicht entstand es erst nach dem Zweiten Weltkrieg, vermutet Volkmar Joestel, Autor der „Legenden um Martin Luther und andere Geschichten aus Wittenberg“. Belegt ist Luthers Wut über die Kirche, die kräftig kassierte und als Gegengeschäft den Seelen ein verkürztes Fegefeuer zusagte. In Erftstadt geht es kühler zu. Abtrünnige, die zurück in die Kirche wollen, erfahren: „Es wartet keine Glaubensprüfung. Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen.“