Wie die Fangemeinde des HSV mit dem Schicksal ihres Vereins leidet. Ob die Profis daran einen müden Gedanken verschwenden?

„Wenn das Schicksal es will,

dann wird ein Wunder geschehn,

dann wird am nächsten Sonntag

der FC Augsburg untergehn.“

So dichtete Helmut Mette, HSV-Fan seit 1958. Der Mann geht stramm auf die 80 zu und wohnt seit Jahrzehnten im Ruhrgebiet. Aber er trägt die Raute im Herzen. Zu den Spielen seines HSV ist er so oft wie möglich mit dem Zug nach Hamburg gefahren. In diesen Wochen ist er nur noch traurig und ratlos. Tag und Nacht denkt der Rentner an seinen HSV. Und weil sich kaum Hoffnung einstellen will, hat er zu weiteren Fußballwundern, die sich am 3. Mai gegen Bayern München und am 10. Mai bei Mainz 05 ereignen sollen, noch einen deprimierten Schluss verfasst:

„Doch wenn das Schicksal nicht will,/ wird auch kein Wunder geschehn./ Und der HSV wird im nächsten Jahr/ in der 2. Liga stehn.“

Helmut Mette ist nur ein Beispiel. Viele HSV-Anhänger beklagen bei „Matz ab“ ihr Leid in diesen schweren Zeiten. Nach der 1:3-Niederlage gegen Wolfsburg schrieb ein – erwachsener – HSV-Fan aus Schleswig-Holstein: „Ich habe minutenlang geheult, hatte Schüttelkrämpfe. Das ist der schwärzeste Tag meines fast lebenslangen HSV-Lebens. Ich weine, während ich diese Zeilen schreibe. Liebe Grüße und Kopf hoch, wir wissen, dass es dir genauso mies geht wie uns.“

Briefe dieser Art, aber auch Mails, SMS und Anrufe erreichen uns Tag für Tag. Die HSV-Fans, oft lebenslange Anhänger ihres Clubs, leiden ohne Ende. Da frage ich mich, ob die Herren Profis auch nur einen Gedanken daran verschwenden? Lassen sie den Kummer ihrer Fans überhaupt an sich herankommen? Interessieren sich diejenigen, die den HSV so weit nach unten gebracht haben, eigentlich dafür, was in der eher zurückhaltenden HSV-Fanszene in diesem Existenzkampf los ist?

Es ist bereits ausführlich darüber berichtet worden, was auf den HSV wirtschaftlich vom Sommer 2014 an einprasseln wird. Dass es tiefe Einschnitte geben wird, die jetzt noch von einigen Fans milde belächelt werden, weil sie das in allen Konsequenzen noch gar nicht überschauen können. Der HSV und seine Raute werden zwar nicht untergehen, aber sie werden in der Zweiten Liga nicht mehr dieselben sein. Darüber müssen sich alle, auch die HSV-Spieler, im Klaren sein.

In der Saison 1989/90 hatte der HSV bis zuletzt gegen den Abstieg gekämpft. Ein Spieler trat damals voller Wut aus der Kabine und sagte: „Ich habe eben mit allen Tacheles gesprochen, dass wir ab sofort alles, und ich meine wirklich alles, für den HSV geben. Ich möchte nicht der erste HSV-Profi sein, der durch den Abstieg dieses Clubs in die Geschichtsbücher eingeht.“ Das war damals Mittelfeldspieler Sascha Jusufi, eine unvergessene Szene. Der Appell half, der HSV rettete sich knapp.

Gerne hätten die Fans aus der heutigen Mannschaft ähnliche Sätze vernommen – stattdessen gibt es nur Phrasen und Durchhalteparolen. An diesem Freitag und am Sonnabend sitzt die HSV-Mannschaft mit ihren Trainern vor dem Fernseher und schaut sich die Bundesligaspiele an. „Wir wollen hautnah dabei sein, wenn die Konkurrenz vorlegt“, hat HSV-Coach Mirko Slomka verkündet. Ob die Hamburger Spieler überhaupt bemerken, wie die anderen Abstiegskandidaten zur Sache gehen, wie sie kämpfen, um den Absturz zu verhindern?

Auf einen solchen Einsatzwillen setzt die „Matz ab“-Gemeinde. „Ich bin Jahrgang 1941 und habe bis zum April 2000 in Hamburg gelebt“, schreibt einer von ihnen. „Heute lebe ich in Kempten im Allgäu, aber HSV-Fan werde ich immer bleiben. Ich wünsche Herrn Slomka, dass er in den letzten drei Begegnungen dieser Saison die Spieler einsetzen kann, die kämpfen und die über den Kampf zu einer echten Mannschaft werden. Ich gebe auch für die letzten drei Spiele die Hoffnung (wenn auch nur noch sehr, sehr zart) für den Klassenerhalt nicht auf.“

Ein anderer HSV-Fan aus Leer blickt schon voraus und befürwortet einen „kompletten Neuanfang“, mit Dietmar Beiersdorfer und Thomas von Heesen. Er schreibt: „Nur mit richtigen Fachleuten und der Hilfe aus der Wirtschaft können wir wieder aufstehen. Holt junge, hungrige und talentierte Spieler nach Hamburg.“

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die HSV-Kolumne „Matz ab“ finden Sie täglich im Internet unter