Warum einfachere Schreibweisen auf den Straßenschildern der britischen Insel die Sprachschützer auf den Plan rufen

Verteidigung ist die beste Verteidigung. Wer wüsste das besser als das traditionsreiche englische Volk. Denn niemand setzt sich seit jeher erfolgreicher gegen alles Mögliche zur Wehr als die Sympathieträger von der Insel.

Allzu aufdringliche kontinentale Strömungen wie das metrische System oder schmackhafte Nahrungsmittel konnten in der Vergangenheit jedenfalls zweckdienlich verhindert werden. Und während sich der Rest der Welt dem erfolgsverwöhnten fußballerischen Zeitgeist an den Hals warf, weigern sich englische Mütter bis heute, gute Elfmeterschützen zur Welt zu bringen. Alles in allem stimmt wohl, was der ansonsten streitbare Cecil Rhodes vor einiger Zeit feststellte: Als Engländer geboren zu werden ist der erste Preis in der Lotterie des Lebens.

Doch nun wackelt die identitätsstiftende englische Abwehrkette. Genau genommen spaltet sie sich in Apostrophobe und Apostrophile. Denn seit die Regierung in London ihren Gemeinden empfiehlt, den Apostroph in Straßennamen wegzulassen, um Rettungsdiensten die Arbeit zu erleichtern, herrscht Krieg in England.

Weil vielerorts aus der King’s Road die Kings Road wurde, sind Guerilla-Trupps unterwegs, um das Auslassungszeichen wieder auf Straßenschilder zu pinseln. Sprachhüter wie Kathy Salaman fürchten gar: „Wenn Sie jetzt die Apostrophe weglassen, sind als Nächstes die Kommata dran.“ Kurzum: Apostroph-Apokalypse! Now!

Dass Straßenschilder in den Vereinigten Staaten und Australien ohne Satzzeichen auskommen, ist den Traditionalisten egal. Für sie ist ihr Englisch dem Niedergang geweiht. Frei nach Kathy Salaman: Erst sterben die Apostrophe, dann die Kommata und irgendwann sind Punkte, Vokale und Konsonanten weg. Womöglich bringen englische Mütter bald auch noch gute Elfmeterschützen zur Welt. Und dann wäre England wirklich nur noch ein Land von vielen. Deshalb kann die Devise nur lauten: Angriff ist die beste Verteidigung.