Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Es gab Zeiten, da zeichnete die HSV-Handballler eine weitsichtige Personalplanung aus. Frühzeitig wurden neue Spieler langfristig gebunden, die Mannschaft gezielt verstärkt – mit dauerhaftem sportlichem Ertrag. 2011 feierte der HSV die deutsche Meisterschaft, 2013 den Sieg in der Champions League. Seit 2007 hat sich das Team jedes Jahr für die Königsklasse qualifiziert. Der Preis dafür war offenbar heiß. Der Club ist nach Einschätzung seines Präsidenten, Hauptsponsors und Mäzens Andreas Rudolph inzwischen „ein Sanierungsfall“.

Dennoch soll der HSV weiter Titel holen, hat Rudolph erklärt, gleichzeitig seinem Verein aber einen Sparkurs verordnet und den nächsten Saisonetat um 1,6 Millionen auf acht Millionen Euro reduziert. Mehrausgaben will er künftig nur zustimmen, wenn es mehr Einnahmen gibt. Das klingt nach wirtschaftlicher Vernunft. Dass der HSV – im Gegensatz zur Konkurrenz – bis heute keinen neuen Spieler für die kommenden Serie verpflichtet hat, nicht einmal konkrete Gespräche mit möglichen Kandidaten führen kann, ist die Konsequenz dieser Logik. Schließlich ist es dem Verein in den vergangenen zehn Monaten nicht gelungen, aus dem Triumph in der Champions League finanziellen Mehrwert zu ziehen. Geschäftsführer Christoph Wendt musste auch deshalb gehen. Sein Nachfolger Holger Liekefett soll das Versäumte nun in wenigen Wochen nachholen; was einer Quadratur des Wurfkreises gleicht.

Für die nächste Saison fehlen für gehobene Ansprüche zwei erfahrene Linksaußen, sie gäbe es mit den gekündigten Torsten Jansen und Matthias Flohr in den eigenen Reihen, und ein Linkshänder im Rückraum, der nach dem mutmaßlichen Weggang von Zarko Markovic den verletzungsanfälligen Adrian Pfahl unterstützt. Der Markt gibt diese Spieler zu günstigen Preisen Ende März nicht mehr her. Mit dem verbliebenen Kader kann der HSV 2015 maximal um Rang fünf kämpfen, keinesfalls um die dann nur noch zwei Champions-League-Plätze. Das muss nicht das Ende sein, im Gegenteil, darin kann ein glaubwürdiger Neuanfang stecken. Wichtig wäre jetzt nur, gegenüber Sponsoren, Fans und Dauerkartenkunden diesen Kurs auch offensiv zu kommunizieren.