Liv Tyler peelt, die Begum ist jetzt Prinzessin, und bei Harry & Cressida wird es ernst. Einige Lesefrüchte von meinem letzten Arztbesuch

Frank Elstner, in Jahrzehnten fernsehgestählt, hat einen Tipp für seinen Kollegen Markus Lanz, der wegen „Wetten, dass..?“ allerhand Kloppe einstecken muss. „So einen Shitstorm über sich ergehen zu lassen, das gehört heute zum Geschäft“, sagt Elstner, der sich mit Shitstorms auskennt. Woher ich das weiß? Bei meinem Friseur liegt „GQ“, das „Männermagazin für Style und Anspruch“. Dort lese ich auch, dass Jeff Bridges (der wunderbar versoffene Kopfgeldjäger in „True Grit“) für die Modemarke Marc O'Polo eine T-Shirt-Kollektion gestaltet hat und damit für ein buddhistisches Bewusstseinstraining namens Mindfulness Meditation wirbt.

Aha, zwischen Prinz Harry und Cressida Bonas wird es langsam ernst, weiß die „Bunte“. Ich hatte auch noch nicht gewusst, das Liv Tyler regelmäßig peelt, um ein ebenmäßiges Hautbild zu erhalten. Oder dass die ehemalige Begum Inaara nach der Scheidung vom Aga Khan jetzt Gabriele Prinzessin zu Leiningen heißt. Steht in der „Gala“.

Solche Informationen beruhigen eine Art Grundnervosität, die man als moderner Mensch oft fühlt, vor allem beim Arzt oder Friseur: Wie sehe ich aus, warum bin ich noch nicht reich, wäre ich dann glücklicher? Viele Leute behaupten, sie läsen die „Bunte“ nur beim Arzt, und bei einigen stimmt das sogar, etwa bei mir. Umso schöner ist es, wenn man dort über Lesestoff fällt, der das Attribut „alternativ“ verdient hat.

Alternativ nämlich zu den profanen Dingen, die man außer dem Job so zu erledigen hat – Konto prüfen, Auto waschen, Kühlschrank sauber machen, E-Mails beantworten. Themen wie Mode oder Schönheit kommen einfach zu kurz. Jetzt im Frühling wäre zum Beispiel „Detox“ an der Reihe, laut „Elle“ und „Gala“ „der neue Beauty-Trend“: Entgiftung. Für die Fingernägel etwa gibt es neue, schonende Ökonagellacke, die auf Lösungsmittel, Schwermetalle und Weichmacher verzichten (das wurde aber auch Zeit). Zur Entgiftung meiner Haare müsste ich mir eine Schweineborstenbürste, ein Spezialpeeling für die Kopfhaut und ein Detox-Shampoo anschaffen, das auch gleich gegen Pollen helfen soll. Meine Seele entschlacke ich kostengünstiger mithilfe des „Qigong Atmungsenergiebooster“: Augen schließen, Zunge hinter die oberen Schneidezähne legen, einatmen und sich vorstellen, wie neue Kraft durch den Körper fließt. Möglich sind auch Wandliegestütze (mit den Armen von einer Wand abstoßen), die sorgen für ein „umwerfendes Dekolleté“ („Elle“).

Ich bewundere die Kollegen/Kolleginnen bei der Hochglanzpresse. Eigentlich passiert ja nichts Weltbewegendes im Beauty- und Lifestyle-Bereich, trotzdem müssen sie jede Woche oder jeden Monat viele Seiten füllen. Und würde ich sonst erfahren, dass man sich um Whitney Houstons Tochter Bobbi Kristina Sorgen machen muss? Dass Britney Spears jetzt mit einem bodenständigen Anwaltsgehilfen zusammen ist, wenn’s denn hilft? Oder dass Sandra Bullock, Julianne Moore und Sarah Jessica Parker etwas gegen dünnere und trockenere Haut unternehmen müssen? Irritierend freilich sind immer die Seiten ganz hinten mit den Gesellschafts-Events: Fotos von in die Kamera strahlenden Menschen, die auf „Top-Events“, Empfängen und Partys herumstehen und angeblich alle Promis sind. Peter Lohmeyer, Sophie Marceau, Judith Rakers – klar. Aber Torsten Koch, Jochen Schropp, Elna-Margret zu Bentheim und Steinfurt? Muss man die kennen? Oder nur in München oder Berlin? In Wien gibt es das schöne Wort „Adabei“ (auch dabei) für Leute, bei denen man nie weiß, ob sie schon zur Schickeria gehören, und wenn ja, warum. Und was macht nun die Münchner Schickeria ohne Uli Hoeneß? Übrigens ist Verona Pooth plötzlich blond.

Immerhin weiß ich jetzt, was Milla Jovovich empfiehlt: „Nichts erfrischt ein verquollenes Gesicht besser als Eiswasser mit Gurke.“ Und ich weiß, was ich zu einer Safari bestimmt NICHT trage: die Lederhose von Ferragamo für 2200 Euro, in der man sich in Äquatornähe bloß totschwitzen würde.