Das Geständnis nach dem Geständnis macht selbst seine Bewunderer sprachlos

Wenn man denkt, es geht nicht noch besser, dann legen die Fußballspieler des FC Bayern München im Moment immer noch einen drauf. Für ihren Aufsichtsratsvorsitzenden gilt das auch, allerdings in eine andere Richtung. Wer gedacht hatte, er wüsste alles über die dunklen Seiten des Uli Hoeneß – und wenn man entsprechende Talkshows verfolgt, schienen das nicht wenige zu sein –, sah sich gleich am ersten Tag seines Prozesses wegen Steuerhinterziehung getäuscht. Nein, es geht nicht um 3,5 Millionen Euro, es geht um fünfmal so viel. Hoeneß gibt es offenbar im Guten wie im Schlechten nur in Extremen.

Der Mann hat seine Kritiker wie seine Bewunderer oft sprachlos gemacht, aber seine gestrige Aussage raubt einem neben den Worten gleich die Luft zum Atmen. Wie konnte ein so angesehener Fußball-Manager, der Schöpfer der derzeit weltbesten Mannschaft, ja, wie konnte der Mitretter des FC St. Pauli über Jahre ein Doppelleben mit Zehntausenden heimlichen Kontobewegungen führen? Wo nahm der in der Fußballwelt Omnipräsente die Zeit her, und vor allem: woher das Geld? Die Summen, um die es seit Montag vor Gericht geht, sind erschreckend hoch und erübrigen jede weitere Debatte über Spielergehälter, an denen sich Experten wie Hoeneß auch gern beteiligen. 18,5 Millionen Euro hinterzogene Steuern: Das ist ein Tatbestand, ein Makel, von dem man sich, unabhängig vom Urteil des Gerichtes, in der öffentlichen Wahrnehmung nur schwer erholen kann. Aber wahrscheinlich gelingt Uli Hoeneß selbst das.

Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich all jene, die seit Bekanntwerden der Affäre (zu Recht) vor einer Vorverurteilung warnten, sich nach dem Spruch des Richters verhalten werden. Auch engere Freunde und Bekannte dürften geschockt sein ob der tatsächlichen Summe. Schon 3,5 Millionen Euro sind eine unvorstellbare Menge Geld. Aber 18,5 Millionen Euro? Was solch ein Beitrag, der dem Staat vorenthalten wurde, über kriminelle oder andere Energien des Angeklagten aussagt, muss das Gericht entscheiden, und es ist nicht darum zu beneiden. Denn so „gnadenlos“ und unbeeindruckt der Richter auch beschrieben wird, so schwierig ist es, einen Prozess zu führen, der öffentlicher ist als jede Vereinssitzung. In dem es nicht um einen vermögenden, unbekannten, sondern um einen extrem reichen und extrem bekannten Kopf unserer Gesellschaft geht, der allzu leicht in den Verdacht geraten könnte, wegen seiner Prominenz zu sanft oder zu hart angepackt, zu leicht oder zu schwer verurteilt zu werden. In dem Prozess gibt es zwei Personen, mit denen man nicht tauschen möchte: Der eine ist natürlich Uli Hoeneß. Und der andere der Richter, dessen Entscheidung so oder so eine kontroverse Diskussion auslösen wird.

Ach, was heißt wird: Die ersten Debatten hat es, exponiert zum Beispiel am Sonntagabend bei „Günther Jauch“, schon vor Beginn der Verhandlungen gegeben. Wer sieht, wie in solchen Runden vorverurteilt und bewertet wird, obwohl die Anklageschrift noch nicht einmal verlesen ist, kann ein wenig Mitleid bekommen mit Prominenten, die vor Gericht müssen und die so gut wie keine Chance auf einen normalen Prozess haben. Und sei es nur, wie im Fall des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, weil das öffentliche Urteil lange gesprochen ist, bevor das richterliche Urteil getroffen wird.

Bei Uli Hoeneß war das öffentliche Urteil vor Start des Prozesses deutlich gemäßigter und zumindest vielschichtiger als bei Wulff. Ob das nach seinem Geständnis nach dem Geständnis, Stichwort: 18,5 Millionen Euro, noch so ist, ist eine interessante, aber nicht relevante Frage. Machen wir nicht die gleichen Fehler wie bei anderen Fällen: Lassen wir dem Richter das letzte Wort.