Die Not vieler Stadtteilschulen ist eklatant. Niemand, auch nicht der Senator, darf angesichts der Flucht in die Gymnasien gelassen bleiben

„Wir lassen den Deckel drauf und ändern nichts“ – ist das friedlich oder einfach nicht schlau?

Die eklatanten Schwierigkeiten mancher Hamburger Stadtteilschulen in problematischen Bezirken sollten eine umgehende Reaktion der Behörde bewirken. Niemand, auch nicht der Herr Senator, kann gelassen bleiben, wenn eine Flucht in die Gymnasien – 54,8 Prozent Anmeldungen sind nichts anderes – den Bildungszustand in der Hansestadt belegt. Offenbar ist der Ruf der einzigen Alternative nicht verlockend.

Dabei gibt es durchaus gut funktionierende Stadtteilschulen, die sich auch über mangelnde Anmeldezahlen nicht beklagen können. Es sind meist solche, die besondere Profile oder oft auch eine äußere Differenzierung, Lernen in Leistungskursen, anbieten.

Die momentan vorherrschende Ideologie, dass es besser und effizienter sei, Schüler aller Lernniveaus in einem Raum zu unterrichten, wird weder von der Mehrzahl der Eltern noch der Lehrer geteilt. Die Praxis zeigt, dass nicht nur Inklusionsschüler an manchen Orten ein Zusatzproblem darstellen. Auch die Zahl verhaltensauffälliger und sogar -gestörter Schüler ohne Diagnose hat enorm zugenommen.

Diesem Phänomen zu begegnen erfordert Maßnahmen, die von manchen als nicht friedlich empfunden werden mögen. Solange aber jeder weiß, dass es Konsequenzen praktisch nicht gibt, wird sich nichts bessern. Andere Bundesländer leben bessere Lösungen vor und haben gute Ergebnisse vorzuweisen.

Woran orientiert sich der sogenannte Bildungsfrieden in Hamburg? Warum ist es falsch, eine 2.0 als Zugangsbedingung zum Gymnasium festzulegen? Warum Eltern auffälliger Kinder nicht zur Zusammenarbeit mit der Schule verpflichten? Warum nicht Kinder in staatliche Betreuung nehmen, wenn Eltern ihrer Erziehungsaufgabe nicht nachkommen oder damit überfordert sind? Warum nicht Orte und Maßnahmen für lernunwillige Halbwüchsige einrichten, wo sie lernen, was richtig und falsch ist? Es kann nicht als friedlich bezeichnet werden, wenn solche Schüler, die auf die Frage, warum sie in die Schule kommen, antworten „...weil ich muss“, ihre Klassenkameraden acht Stunden pro Tag nerven.

Besonders verheerend wirkt sich auch die Kürzung der Berufsschulangebote aus. Wenn Absolventen mit sogenanntem „Ersten Schulabschluss“, früher Hauptschulabschluss, nach Klasse 9 keinen Ausbildungsplatz haben, müssen sie heute in Hamburg in der Klasse 10 der Stadtteilschule verbleiben. Dort nehmen sie an dem Unterricht teil, der zum Mittleren Abschluss und in die Gymnasiale Oberstufe führen soll. Mit den Inhalten völlig überfordert, machen diese „geparkten“ Schüler in vielen Klassen den Unterricht schwer bis nicht möglich. Sie wissen nicht, was sie hier sollen, und nutzen die Unterrichtszeit, wenn sie nicht zu spät in die Klasse platzen oder ganz schwänzen, für anderes Treiben.

Die Schüler, die noch mehr erreichen möchten, haben aber ein Recht auf Lernen! In Klassenräumen ohne Differenzierungsräume sitzen in 10. Klassen 27 Halberwachsene verschiedener Lernniveaus. Ein einziger Lehrer versucht hier den Spagat, jeden nach seinem Lern-Vermögen zu bedienen.

Friedlich geht es hier oft nicht zu. Schulfrieden sollte aber vor allem vor Ort herrschen.