Beim Thema Altersarmut geht es nicht nur um Geld. Wie kann es sein, dass in unserer reichen Stadt mehr als 21.000 alte Menschen leben, die auf Hartz IV angewiesen sind?

Hamburg ist die Hauptstadt der armen Rentner – in der vergangenen Woche haben die Zahlen des Statistischen Bundesamtes kurz für Entsetzen gesorgt. Wie kann es sein, dass in unserer reichen Stadt mehr als 21.000 alte Menschen leben, die auf Hartz IV angewiesen sind?

Es muss irgendwie etwas getan werden, da sind sich alle einig. Doch schnell haben andere Nachrichten die Debatte verdrängt. Die Meldung aus dem Osten der Stadt, nur ein paar Tage nach der Veröffentlichung der Statistik, macht deutlich, wie schade das ist: Der „Pottkieker“ in Dulsberg muss schließen, weil der Staat kein Geld mehr für die Sozialküche geben kann. Über 100 Rentner essen hier täglich zu Mittag.

Wir müssen darüber diskutieren, wie wir Altersarmut verhindern und mit der vorhandenen Altersarmut umgehen wollen. Die Politik kann sie verhindern, indem sie auf dem Arbeitsmarkt aktiv wird. Wer heute weniger als 2500 Euro brutto verdient, muss später als Rentner zum Sozialamt – ein Drittel aller Vollzeitbeschäftigten. Diese Menschen werden ihr Leben lang arbeiten und doch später von Transferleistungen abhängig sein. Eine Belohnung für ihre Lebensleistung ist das nicht. Ein flächendeckender Mindestlohn kann vorbeugen, und es ist zu hoffen, dass sich die SPD in den Koalitionsverhandlungen mit der Union im Bund damit durchsetzt.

Die alarmierende Statistik macht deutlich, wie wichtig es ist, dass es keine Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Arbeit gibt. Denn Altersarmut ist weiblich.

Den alten Menschen in Dulsberg geht es gar nicht ums Geld. Klar, über ein paar Euro mehr würden sie sich freuen. Aber für sie ist ihr „Pottkieker“ vor allem ein Treffpunkt. Hier sind sie unter Menschen. Und wenn sie mal nicht zum Mittagessen erscheinen, rufen die Mitarbeiter bei ihnen zu Hause an und fragen, was los ist.

Altersarmut – das ist vor allem die Armut an Sozialkontakten. Immer mehr Menschen sind im Alter nicht nur arm, sondern auch allein. Wir dürfen sie nicht im Stich lassen. Dass der „Pottkieker“ dichtmachen muss, ist ein Armutszeugnis für Hamburg.