Der Flüchtlingsstreit wird zur Bewährungsprobe.

Wer häufiger die Straße Schulterblatt im Schanzenviertel entlanggeht, kennt den Einsatz der Aktivisten rund um die Rote Flora für Flüchtlinge seit Jahren. „Kein Mensch ist illegal“ lautet die gängigste Solidaritätsadresse, aber beinahe ebenso häufig wird auf den Bannern, die an der Fassade des Hauses aufgehängt werden, auch ganz konkret für bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen gekämpft. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass diese linke politische Gruppierung, zu der auch zahlreiche Autonome gehören, nun auch die Gemengelage rund um die Hamburger Lampedusa-Flüchtlinge als Plattform nutzt.

Erstaunlich ist jedoch, mit welcher Schnelligkeit eine recht große Zahl an (oftmals Gewalt suchenden) Demonstranten mobilisiert werden konnte – und mit welchem Selbstbewusstsein die Organisatoren auftraten. Sie stellten dem Senat ein Ultimatum, wohl wissend, dass dieser nicht darauf eingehen kann und will. Und sie setzten darauf, dass ihre Aktion in der Stadt auf ein breiteres Verständnis stößt, als sie das gemeinhin gewohnt sind.

Die verkantete Situation, zu der auch die St.-Pauli-Kirche und viele Äußerungen von der Linkspartei und den Grünen beigetragen haben, bot die ideale Plattform, um sich als Lautsprecher der Unterstützungsbewegung für die Flüchtlinge zu gerieren. Am Tag darauf machte die Kirche schnell klar, dass sie diese Form der Hilfe für nicht richtig hält und weiter auf Gespräche setzt. Aber dieser Gewaltakt vom Dienstagabend hat das nicht eben erleichtert, und so wird Innensenator Michael Neumann kaum anders können, als seine strikte Linie, die seinem Amt gemäß die europäischen und deutschen Gesetze zur Grundlage hat, weiter zu verfolgen. Für den Sozialdemokraten spitzt sich die Situation zu, seine Politik steht unter genauerer Beobachtung, als er das bisher gewohnt war. Zu Recht beharrt er darauf, dass nach der Identitätsfeststellung und einem möglichen Ausreisebescheid der Klageweg offensteht und dann eventuell Gerichte eine Rückführung nach Italien untersagen.

Es wäre wünschenswert, dass auch die Kirche das einsieht und nicht den Nährboden bietet für Aktionen, die selbst gar nicht intendiert werden.