Elbe darf neben Wasserstraße wieder Naturraum sein

Ganze Dörfer wie Altenwerder wurden in Hamburg schon dem Hafen geopfert, die Fahrrinne wurde immer wieder vertieft – und nun das: Bei Wilhelmsburg baggert die Hamburg Port Authority eine neue und riesige Bucht in die Elbe. Platz für Vögel und seltene Pflanzen wird es dort geben, ein Naturschutz- und kein Industriegebiet ist das Ziel. Tatsächlich markiert das Pilotprojekt Kreetsand einen Wendepunkt. Seit Jahrhunderten haben sich die Menschen und speziell die Hamburger die Elbe so geformt, wie sie den Fluss für den wachsenden Hafen benötigten. Das rächt sich seit einigen Jahren: Verlandung von Nebenflüssen, Verschlickung von Hafenbecken – das ist letztlich die Folge, weil der Fluss in seinem Unterlauf mehr Schifffahrtskanal als weitläufiges Tidengewässer geworden ist. Nun versuchen die Hafenplaner erstmals, der Elbe wieder Raum zu geben, damit sich die verstärkte Strömung auf ein natürliches Maß dämpft.

Dieses Umdenken wird natürlich manche Naturschützer auftrumpfen lassen. Doch so einfach ist es nicht. Der Ausbau der Elbe ist auch ein Garant für das wirtschaftliche Prosperieren der Region. Man kann nicht alles so belassen, wie es einmal war. Was ist denn überhaupt der ursprüngliche Zustand der Landschaft, wie man ihn erhalten will? Ist das Maß, wie die Elbe im 18. Jahrhundert ausgesehen hat, wie im Mittelalter oder in der Bronzezeit? Schon immer hat der Mensch versucht, die Natur so zu formen, wie es sein Überleben erfordert. Längst haben wir unsere Urwälder in Europa abgeholzt und dadurch letztlich die Voraussetzung geschaffen, länger und besser zu leben als frühere Generationen. Auch den Ausbau der Elbe zum Schifffahrtsweg sollte man nicht verfluchen, weil ein solcher Umgang mit der Natur tatsächlich für die Menschen mehr Lebensqualität schafft als eine Urlandschaft. Gleichwohl darf man den Bogen nicht überspannen und muss einen Ausgleich finden, den viele Hafenplaner lange nicht sehen wollten. Der jetzt eingeschlagene Weg mit dem Bau neuer Fluträume kann daher nur richtig sein; auch wenn noch niemand genau sagen kann, wohin genau er führen wird.