FC St. Pauli braucht langen Atem für seine Personalpolitik

Es waren schon einige verdammt junge Burschen auf dem Rasen dabei, als der FC St. Pauli am Mittwoch mit dem ersten Training in die neue Zweitligasaison startete. Dass sich einer von ihnen, der 19 Jahre junge Michael Gregoritsch, gleich als Torschütze in Szene setzte, kann getrost als Signal gewertet werden. Sportdirektor Rachid Azzouzi hat neben ein paar erfahrenen Profis, die mit Mitte 20 aber noch keinesfalls satt sind, talentierte Akteure verpflichtet, die ihren Leistungszenit wohl noch längst nicht erreicht haben. Das Gute daran ist, dass diese Spieler dem FC St. Pauli - mit nur einer Ausnahme - auch gehören, der Verein also über Vertragsverlängerungen selbst entscheiden oder zumindest nennenswerte Ablösesummen einstreichen kann, wenn es denn gute Angebote für den einen oder anderen Spieler gibt. Das war bisher bei Weitem nicht so. Alle fünf Leihspieler der vergangenen Saison sind - aus unterschiedlichen Gründen - heute nicht mehr im Kader. Die Zusammensetzung der aktuellen Mannschaft gibt Anlass zu der Hoffnung, dass sich eine Saison in Abstiegsangst nicht wiederholen wird. Mehr noch: Es ist keineswegs blauäugig, wenn man erwartet, dass sich hier ein Team entwickeln kann, das zu Höherem berufen ist. Und doch besteht noch längst kein Anlass zu Euphorie. Es wird eine gewisse Zeit brauchen, bis die Räder des neuen Millerntor-Teamworks passend ineinandergreifen. Es wird ein paar schöne Siege, aber auch unerwartete Rückschläge geben. Alle Beteiligten sind gut beraten, wenn sie ein gewisses Maß an Geduld an den Tag legen.

Trainer Michael Frontzeck und Sportdirektor Azzouzi betreiben eine Personalpolitik, die sehr wohl Erfolge zeigen kann, die aber auch eines langen Atems bedarf. Wahrscheinlich noch nicht in der anstehenden Saison, sondern eher in der darauffolgenden Spielzeit wird sich die wahre Qualität des aktuellen Kaders entfalten. Es wird eine diffizile Aufgabe für die Verantwortlichen sein, hier das richtige Maß an einerseits nachsichtiger und andererseits kritischer Bewertung von Negativ-Erlebnissen zu finden.