Ein ehemaliger Schwerkrimineller aus den USA hilft bedrohten Kindern - und zeigt den Zynismus dieser Welt auf.

Sam Childers war in unzählige Schlägereien verwickelt; er hat gesoffen, exzessiv Drogen genommen und auch damit gehandelt, war Mitglied in einer brutalen Motorradbande, landete im Gefängnis. In einem anderen Abschnitt seines Lebens hat er zahlreiche Menschen getötet. Manche halten Sam Childers für den größten lebenden Amerikaner.

In der Tat hat der schnauzbärtige Mann aus North Dakota eine äußerst bemerkenswerte Biografie, die unter dem etwas reißerischen Titel "Machine Gun Preacher" eindrucksvoll verfilmt wurde. Childers findet durch seine Frau zum christlichen Glauben, reist in den Sudan, sieht dort unendliches Elend, vor allem unter den Kindern, und widmet sein Leben fortan dem Aufbau eines Waisenheims vor Ort. Als diese Zufluchtsstätte wiederholt von Milizionären der unfassbar grausamen Lord's Resistance Army angegriffen wird, schart er eine Truppe um sich und liefert den Rebellen einen erbarmungslosen Kampf - Childers wird der "Prediger mit dem Maschinengewehr". 300 Kinder leben derzeit in seinem Heim, mehr als 1000 hat er das Leben gerettet.

Seine dramatische Lebensgeschichte wirft ein Schlaglicht auf die Zynismen unserer Welt. In den Irak des Saddam Hussein marschierte eine gigantische Streitmacht ein, um dem Tyrannen Massenvernichtungswaffen zu entwinden, die es gar nicht gab.

Im Grunde ging es um Öl und um eine interessengeleitete Neuordnung der politischen Verhältnisse im Mittleren Osten. Gegen den libyschen Despoten Gaddafi traten westliche Luftstreitkräfte an, um ihn zu stürzen - weil Gaddafi mit einem Massaker an seinen Gegnern gedroht hatte. Der syrische Diktator Assad hingegen, der tatsächlich Massaker begehen lässt, bleibt bislang verschont, weil er viel zu starke Verbündete hat.

Und der ugandische Warlord Joseph Kony, den Childers bekämpfte, kann seit mehr als 20 Jahren Gräueltaten begehen, die sich kaum beschreiben lassen. Auf dem Höhepunkt seiner Macht in den Jahren 2003 bis 2008 hat seine Lord's Resistance Army rund zwei Millionen Menschen vertrieben und mindestens 66 000 Kinder entführt.

Die Zahl der Menschen, die durch seine Miliz und die Kämpfe mit anderen Truppen in Uganda, dem Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo ums Leben kamen, soll fast 500 000 betragen. Die Kinder wurden mit ultrabrutalen Mitteln zu Kindersoldaten erzogen, die meisten Mädchen bereits im Kleinkindalter zu Sexsklavinnen gemacht und unter den Soldaten herumgereicht. Kony ließ seine Opfer in Stücke hacken und manchmal auch kochen, zwang die Kinder, ihre eigenen Eltern zu massakrieren.

Die Schilderungen der Grausamkeiten sprengen jede Vorstellung. Erst nach mehr als 20 Jahren Terror wurde vom Internationalen Strafgerichtshof ein Haftbefehl ausgestellt.

Und erst nachdem eine massive Medienkampagne in Gang gekommen war, kündigte die Afrikanische Union an, Soldaten zu entsenden, um Kony zu fassen. Auch der Uno-Sicherheitsrat stimmte einer Truppenentsendung zu. Doch Kony terrorisiert weiterhin seine Region. Es heißt, der christliche Fanatiker werde vom islamistischen Fanatiker Omar al-Baschir unterstützt, dem Staatschef des Sudan, der selber vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl gesucht wird, weil er seine Armee sowie arabische Reitermilizen im südsudanesischen Darfur einen Völkermord begehen ließ.

Childers sagte im Internet, nicht Kony, sondern Baschir sei die eigentliche Ursache für den Terror in Afrika. Doch die Afrikanische Union erklärte, sie wolle den Haftbefehl gegen Baschir ignorieren. Dieser wiederum, der lange den Al-Qaida-Terror förderte, hat sich inzwischen den USA im Kampf gegen den Terror angedient.

Und das Regime des ugandischen Dauerstaatschefs Museveni, der seine Truppen nun nach Kony suchen lässt, wird selber der Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Dieses irre Geflecht wird überlagert von den Rohstoffinteressen der USA, Chinas, Russlands, weiterer ausländischer Staaten und der Afrikaner selber.

Um den traumatisierten Kindern in dieser Region wirklich wirksam zu helfen, musste erst ein ehemaliger Schwerkrimineller aus dem amerikanischen North Dakota kommen.