Zum Bericht der Bundesregierung über Armut und Reichtum

Sozialpolitik ist auch der Job jedes Einzelnen. Wer seine Ausbildung verschläft und wer sich später den Beitrag für eine Gewerkschaft spart – der darf sich auch nicht wundern, wenn er in seinem Leben über das Minimum nicht hinauskommt. Schlecht bezahlt wird grundsätzlich dort, wo Gewerkschaften mangels Mitgliedern schwach sind. Aufgabe der Politik ist es, das zu organisieren, was der Einzelne nicht organisieren kann. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (MÜNCHEN)

Unsere Demokratie hat ein strukturelles Problem: Wenn unsere Parteien und Politiker gewählt werden wollen, müssen sie Einzelinteressen berücksichtigen. Doch deren Summe ergibt kein Gemeinwohl. Der Armuts- und Reichtumsbericht legt nun in wünschenswerter Deutlichkeit dar, was nach jahrzehntelanger Lobbyarbeit und vier Jahren Finanzkrise falsch läuft: Reiche profitieren, die Mittelschicht stagniert, Arme verlieren. HESSISCHE NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE (KASSEL)

Das Auseinanderfallen der Gesellschaft, wie es der Armuts- und Reichtumsbericht widerspiegelt, wird dieses Land zerreißen. Es kann den fundamentalen Konsens zerstören und das parlamentarische System in eine tiefe Krise stürzen. Wer dagegen für Vermögenssteuern und höhere Spitzensteuersätze plädiert, ist kein verkleideter Kommunist. Wer für Mindestlöhne und gegen das Zerschlagen von Vollzeitstellen kämpft, attackiert nicht unsere Wirtschaftsordnung. TAGESSPIEGEL (BERLIN)