Die geplante Lieferung von deutschen U-Booten an Ägypten ist irritierend. Zu ungewiss ist der Kurs der Muslimbrüder

Es brodelt offenbar in den Beziehungen Deutschlands zu Israel, die für beide Staaten eine nicht unerhebliche Bedeutung haben. Von einer "dramatischen Verschlechterung" wusste die Zeitung "Jedioth Achronot" zu berichten. Dies mag stark übertrieben sein, aber die der diplomatischen Verstimmung zugrunde liegenden ägyptischen und israelischen Berichte über die geplante Lieferung zweier deutscher U-Boote des hochmodernen Typs 209 an Ägypten sind in der Tat irritierend.

Die Bundesregierung mauert bei dem Thema auffallend - unter Hinweis auf den geheim tagenden Bundessicherheitsrat, der solchen Deals zustimmen muss. Das laute Schweigen wirkt wie eine Bestätigung. Stattdessen hätte man auf eine erlösende Klarstellung des Tenors gehofft: Wer hat denn solchen Blödsinn in die Welt gesetzt? Glauben Sie im Ernst, wir würden an ein islamistisch regiertes Land mit höchst unsicherer Perspektive solche tödlichen Waffensysteme liefern? Nun gibt es Leute, die meinen, da Deutschland schon seit Jahren U-Boote des Typs 209 an Israel liefert, kann es auch ruhig welche an Ägypten liefern. Moralisch ist dies eine Argumentation nach dem Motto: Meine Frau hat eine Freundin, also darf ich ja wohl auch eine haben. Israel hat zwar eine Regierung, die man nicht unbedingt mögen muss; und es benimmt sich in den besetzten Gebieten auch nicht immer anständig, um es gelinde auszudrücken.

Der Betonkurs von Premier Netanjahu hat sogar zu einer erheblichen Entfremdung im Verhältnis zum überlebenswichtigen Alliierten USA geführt. Zu einem lange geplanten gemeinsamen Manöver sollten im Oktober 5000 US-Soldaten nach Israel kommen. Nun werden es allenfalls 1500 sein - ein klares Signal des Unmuts aus Washington.

Und doch ist Israel eine Demokratie mit weitgehend westlichen Werten - die einzige im gesamten Nahen Osten, mit der uns Europäer politisch und kulturell ungeheuer viel verbindet. Bekanntlich unterliegt seine Existenz seit Jahrzehnten einer Dauerbedrohung durch radikale Islamisten in der ganzen Region. Und dies nicht nur im Iran.

Der gestürzte ägyptische Pharao Husni Mubarak war beileibe keine Lichtgestalt, doch der General und Luftkampfveteran kannte das Pulverfass Nahost und unterhielt ein pragmatisches, wenngleich wenig herzliches Verhältnis zum jüdischen Staat.

Die islamistischen Muslimbrüder, die inzwischen am Nil die Macht ergriffen haben, oszillieren zwischen gemäßigt und ultraradikal. Welche Strömung sich am Ende durchsetzen wird, ist offen. Auch, was das für Israel und die ganze Region bedeutet. Wenn man sich ansieht, dass das neue Kairoer Regime keine Zeit verloren hat, umgehend alle Chefredakteure staatlicher Medien durch eigene Parteigänger zu ersetzen und die gesamte, westlich orientierte Militärführung samt 70 Generälen in Pension zu schicken, dann lässt dies ahnen, wohin die Reise geht.

Die strategischen Parameter in der Nahostregion haben sich mit den Folgen des Arabischen Frühlings dramatisch verschoben. Israels Regierung zieht leider die falsche Konsequenz daraus und gibt sich verbissen streitbar statt konziliant. Dennoch muss sich der Westen, darunter Deutschland, in dieser veränderten Lage sehr sorgfältig überlegen, wem man bestimmte Waffen liefern will, die die Verteidigungsfähigkeit Israels und damit seine ganze Existenz gefährden können. Sicher, wir sind eine Exportnation. Doch Leopard-2-Panzer für Saudi-Arabien sind bereits mindestens grenzwertig. Der Atomkonflikt mit dem Iran spitzt sich für Israel gefährlich zu. Was das Land jetzt sicher nicht gebrauchen kann, ist ein auch von uns Deutschen hochgerüsteter, ihm feindlich gesonnener Islamistenstaat an seiner Westflanke. Man darf nicht vergessen, Israel ist nur so groß wie Hessen. Weder kann es einem Feind Territorium überlassen, um ihn sich darin erschöpfen zu lassen, noch hat die Bevölkerung Raum, einem Raketenhagel auszuweichen.

Als Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich anmerkte, die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen Staatsräson, war damit sicher nicht gemeint, dass die Bundeswehr notfalls im Iran oder in Ägypten zum Einsatz kommt. Das ist in Israel auch nicht so verstanden worden. Ganz sicher ist damit aber gemeint, potenziellen Todfeinden Israels in krisenhafter Zeit nicht modernste Waffensysteme zu liefern.