Die CSU hat Karl-Theodor zu Guttenberg und Horst Seehofer zusammengewürfelt. Aber zwischen den beiden Männern liegen Welten

Der eine spielt Klavier, der andere mit seiner Eisenbahn. Schon anhand der Hobbys kann man also feststellen, dass Welten zwischen Karl-Theodor zu Guttenberg und Horst Seehofer liegen. Immerhin ist der eine ein begüterter Dirigentensohn und der andere der Nachfahre eines Mannes, der sich als Lastwagenfahrer und Bauarbeiter durchs Leben schlug. Demokratische Verhältnisse hin oder her - so etwas vergisst man nicht, zumindest nicht, wenn man derjenige ist, der von unten kommt.

Die CSU hat diese beiden zusammengewürfelt. Und eine Weile schienen sie sogar gemeinsame Interessen zu verfolgen. Um Aufbruch und Verjüngung der Partei schien es dem Parteivorsitzenden und seinem alerten Abgesandten zu gehen, der in Berlin zwischen Februar 2009 und Februar 2011 eine wahrhaft kometenhafte Karriere hinlegte. Der erst das Bundeswirtschaftsministerium leitete, dann als Bundesverteidigungsminister einsprang und irgendwie für alles geeignet zu sein schien. Quasi wie im Rausch verflogen die Monate. Alles schien plötzlich wieder gut. Die CSU, von den Wählern 2008 kräftig zur Ader gelassen, staunte über das politische Wunderkind, das sie da hervorgebracht hatte, und der eine oder andere Spezi dachte bereits darüber nach, wie es zu bewerkstelligen wäre, den biederen Seehofer durch den charmanten Franken zu ersetzen, dem die Herzen überall in der Republik nur so zuzufliegen schienen. Dem Machtmenschen Seehofer, der auf der politischen Beliebtheitsskala nie besonders weit oben rangiert hat, wird das nicht entgangen sein. Von Seehofer stammt der Satz, ein Minister stürze nur, wenn die Partei es wolle. Ausgesprochen hat der CSU-Vorsitzende diesen Satz am Vorabend des Tages, an dem Guttenberg angesichts der erdrückenden Plagiatsvorwürfe, die seine Dissertation betrafen, zurücktrat. Honi soit qui mal y pense.

Dass Horst Seehofer jetzt über Guttenbergs Comeback-Vorbereitungen nicht amüsiert ist, konnte man am Donnerstag feststellen. "Völlig daneben" sei die Parteienkritik, die der ehemalige Minister im Interview mit der "Zeit" geäußert habe, wetterte der CSU-Vorsitzende, der sich gerade auf einer Tschechien-Reise befand. Es sei kein guter Stil, wenn einer alles und jeden herabsetze, um sich selbst zu erhöhen! Guttenberg hatte in dem Interview, das in erweiterter Form in dieser Woche unter dem beziehungsreichen Titel "Vorerst gescheitert" als Buch erschien, erklärt, es werde für die CSU künftig nicht reichen, romantisch verklärt die gute alte Zeit zu beschwören. Die Partei habe ja bereits "Spinnweben" angesetzt!

Kein Wunder, dass Seehofer angesichts dieser Anmaßung der Hut hochgegangen ist. Dem alten Eisenbahn-Mann, der monatelang gute Miene zum bösen Spiel machen musste, während der Klavierspieler von den Medien schon als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt wurde. Der sich am Tag von Guttenbergs Rücktritt aus parteitaktischen Gründen sogar noch so weit erniedrigt hat, dem smarten Konkurrenten nachzurufen, dass er, Horst Seehofer, sich für ihn einsetzen werde. Und diese Erklärung auch noch mit dem unvergesslich öligen Nachsatz garnierte: "Er ist einer von uns!"

Seehofer, den die Partei nie geliebt hat, ist vor drei Jahren nur CSU-Vorsitzender geworden, weil es keinen anderen seines Kalibers mehr gab. Zähneknirschend hat er die Häme hingenommen, mit der nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Partei über seinen Seitensprung und die daraus entstandene uneheliche Tochter getratscht wurde. Horst Seehofer ist eben ein klassischer Einzelkämpfer. Dass die Partei offenbar bereit ist, über die Sünden Guttenbergs großzügig hinwegzusehen, muss einem wie ihm naturgemäß ungerecht vorkommen.

Guttenberg solle seine "bekannten Wortgirlanden" endlich für sich behalten, hat Seehofer am Donnerstag böse gesagt. Wohl wissend, dass diese Girlanden bei anderen wieder verfangen werden.