Silvio Berlusconi und Giorgos Papandreou sind nicht nur Opfer der europäischen Schuldenkrise - sondern auch von Frauen

Das Timing stimmte schon mal. Keine 24 Stunden, nachdem Silvio Berlusconi am Dienstagabend seinen Rücktritt vom Amt des italienischen Ministerpräsidenten ankündigte, stand auch sein griechischer Amtskollege Giorgos Papandreou in Athen vor den Kameras, um offiziell seinen Abgang von der politischen Bühne zu erklären. Aus und vorbei ist es damit für zwei Staatsmänner, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch von denselben Kräften in den Abgrund gezogen wurden: der europäischen Schuldenkrise und - was noch viel wichtiger ist - von den Frauen.

Im Falle des Cavaliere aus Rom würde es bekanntermaßen den Rahmen sprengen, all jene Schönen aufzuzählen, die ihm rückblickend das Leben schwer gemacht haben. Ruby hieß die letzte von ihnen. Im Frühjahr 2010 soll Medienmogul und Multimilliardär Berlusconi die damals 17-Jährige für Liebesdienste bei seinen berüchtigten "Bunga-Bunga"-Partys bezahlt haben. Nach wie vor steht er wegen der Begünstigung von Prostitution und Amtsmissbrauch vor Gericht. Anhaben konnten ihm diese und andere Eskapaden lange Zeit jedoch kaum etwas. Vor einem Jahr zählte der Mailänder stolz seine persönliche Statistik auf, nach der er 109 Verfahren, 530 Durchsuchungen und mehr als 2500 Anhörungen unbeschadet überstanden hat.

Über 17 Jahre hinweg - mit Unterbrechungen - war er in Italien an der Macht. Dass das Land heute ein hochverschuldeter Pleitekandidat mit stagnierender Wirtschaft und verschleppten Reformen ist, ist dabei der unschöne Nebeneffekt. Sogar einen eigenen Begriff haben sein Lebensstil, seine Politik und sein massiver Medieneinfluss geprägt: Berlusconisierung. Sie hat sein Ansehen in der Bevölkerung und das generelle Vertrauen in die Politik am Ende schwer erschüttert. Aus dem einst so geliebten Macho-Politiker wurde nur noch ein Geduldeter - vor allem bei der jungen Generation.

Von Papandreouisierung hat indes noch keiner geredet. Das mag daran liegen, dass dieser Begriff sehr schwer auszusprechen wäre. Vor allem ist aber das Leben und Wirken des griechischen Ex-Premiers weniger schillernd als das seines italienischen Kollegen. Weder ist bekannt, dass er Schönheitsoperationen an sich hat durchführen lassen, noch hat er jemals Libyens ehemaligen Diktator Gaddafi als persönlichen Freund bezeichnet, wie es der 75-jährige Berlusconi tat. Der große, breitschultrige und gertenschlanke Papandreou, der den kleinen, eher rundlich geratenen Berlusconi um einen Kopf überragt, raucht nicht, fährt Fahrrad und rudert. Wie langweilig! Doch auch diese Solidität bei der Lebensführung hat sein Land nicht vor den Schulden geschützt.

Als das große Laster des 59-Jährigen hat sich am Ende seine Risikofreude herausgestellt. Nachdem sich die Euro-Staaten unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ein Maßnahmenpaket gegen die Euro-Krise geeinigt hatten, verkündete er, vorher noch sein Volk darüber zu befragen. Die Gefahr: Bei einem Nein hätte der Bankrott gedroht. Doch Poker-Papandreou machte einen Rückzieher, als Merkel mit einem Ultimatum drohte: bei Volksabstimmung kein Geld mehr und raus aus dem Euro. Immer wieder hatte sie zudem Zweifel geäußert, ob es Hellas denn ernst meint mit seinen Sparbemühungen. Brüskiert waren am Ende alle: die Euro-Partner und die eigene Bevölkerung. Das politische Ende des Premiers hat am Ende eine Frau mit eisenharter Haltung und schweren Geschützen maßgeblich vorangetrieben: unsere Kanzlerin.

Wer bei Berlusconi nun vom Ende einer Ära spricht, der muss bei Papandreou zu weitaus Größerem greifen - und das, obwohl er erst seit 2009 im Amt ist. Denn sein Abtritt ist nicht weniger als das Ende einer Dynastie. Die Papandreous haben mit Giorgos zum dritten Mal einen Ministerpräsidenten in Griechenland gestellt: Schon sein Großvater und sein Vater haben die Geschicke des Landes eine Zeit lang in ihren Händen gehalten. Geholfen hat es nichts. Das griechisch-römische Doppel tritt ab. Arrividerci, Berlusconi. Andio, Papandreou.