Auch das Lob des Altkanzlers macht Peer Steinbrück nicht zum SPD-Kandidaten.

Eines muss man Peer Steinbrück lassen: Er ist ausgesprochen hartnäckig. Seit Monaten ist nun bekannt, dass der ehemalige Bundesfinanzminister Ambitionen hegt, der nächste Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2013 zu werden. Und kaum ebbt das öffentliche Interesse an seiner Person mal ein bisschen ab, dauert es nicht lange, und Steinbrück ist wieder da - wohldosiert und in steter Regelmäßigkeit. Dass er jetzt seinen Mentor, Altkanzler Helmut Schmidt, als prominenten Fürsprecher gewonnen hat, ist ein echter Coup. Im Rennen um die Kanzlerschaft nützt ihm das jedoch nichts.

Dabei ist die Resonanz auf das gemeinsame Buch der beiden Hamburger gewaltig, die Kampagnenwelle rollt bereits. Wie schon nach Steinbrücks erstem Bestseller "Unterm Strich" wird der Erfolg von "Zug um Zug" nicht nur ein kommerzieller, sondern vor allem auch ein politischer sein. Dabei ist nicht so entscheidend, dass Elder Statesman Schmidt der Koautor ist. Entscheidend ist vielmehr dessen öffentlicher Ritterschlag Steinbrücks zum Kanzlerkandidaten noch vor dem Erscheinungstermin. "Er kann es", sagt Schmidt im Doppel-Interview mit dem "Spiegel". Und Steinbrück? Genießt und schweigt. Schmidts Einlassungen adeln ihn. Viel mehr vor der Öffentlichkeit als vor der eigenen Partei.

Und genau hier liegt das Problem. Während die SPD-Führung rund um Parteichef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles fast mantraartig wiederholt, die Entscheidung über einen Kanzlerkandidaten falle nicht vor Ende des Jahres 2012, fährt ihnen Steinbrück mit seinen Ambitionen regelmäßig in die Parade. Dieser Egoismus, den er im Zweifel auch gegen die eigene Partei zum Einsatz bringt, nervt so manchen Genossen gewaltig. Dass der 64-Jährige seine eigenen Leute auch gern "Heulsusen" nennt, macht die Sache nicht besser und hat sogar die Parteilinke gegen ihn aufgebracht. Helmut Schmidt wird daran nichts ändern. Er ist ohne Frage ein respektabler Mann und neben CDU-Altkanzler Helmut Kohl der meistgeschätzte Altpolitiker der Republik. Aber: Schmidt hat in der SPD nicht mehr viel zu sagen.

In einer ähnlichen Lage ist im Grunde auch Steinbrück. Er ist Abgeordneter ohne Amt und Funktion, hat also kaum etwas zu verlieren. Seine profunden Kenntnisse der Weltwirtschaft helfen dem studierten Ökonomen, jene Bühne zu nutzen, die ihm durch die Schuldenkrise, die gefühlte Orientierungslosigkeit der schwarz-gelben Bundesregierung und die anhaltende Schwäche der SPD wie von selbst gebaut wurde. Während sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im fernen Brüssel für die Euro-Rettung die Nächte um die Ohren schlägt, sitzen Steinbrück und der 92-jährige Schmidt am Sonntagabend im Berliner Fernsehstudio von Günther Jauch, um "Klartext in der Krise" zu sprechen. Das Gute daran: Steinbrück muss es nur besser wissen, aber nicht besser machen. Die berechtigte Sehnsucht der Deutschen nach Sicherheit und Orientierung kann er so ohne große Schwierigkeiten stillen. Seine persönlichen Umfragewerte belegen, wie gut das funktioniert.

Die SPD tut gut daran, dieses Spiel nicht mitzuspielen, sich zurückzuhalten und der Verlockung nach ein paar Prozentpunkten mehr in den Sonntagsfragen zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl nicht nachzugeben. Trotz Steinbrücks Beliebtheit, trotz Schmidts Prominenz. In einer Partei, die eine Frauenquote von 40 Prozent fordert und sich sogar eine Migrantenquote auferlegt, muss auch die K-Frage erst breit und offiziell diskutiert werden, wenn sie sich nicht als Kandidatenwahlverein diskreditieren will. Steinbrücks Hartnäckigkeit könnte ihm dabei helfen, auch 2013 noch zu den Favoriten zu gehören. Wenn er sich bis dahin etwas zügelt, könnte er zudem einige Kritiker besänftigen.