Desinteresse begründet

22. September: "Fremd im Heimatland"

Heike Schwabe:

Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass der Leitartikel in einer sehr undifferenzierten Weise die Haltung der Bundesbürger zum Papstbesuch persönlich bewertet. Wenn 80 Prozent der Deutschen kein Interesse an dem Papstbesuch haben, beginnt für mich hier nur ein Problem für die katholische Kirche. Ich als evangelische Christin halte mein Desinteresse nicht für armselig, sondern für begründet: Ich brauche einfach keinen Stellvertreter Christi auf Erden, sondern versuche im Alltag nach christlichen Grundsätzen zu leben. Und das ist nicht immer bequem. Wenn Kirche mit einem hohen Moralanspruch lehrt, muss sie sich im eigenen Handeln daran messen lassen. Genau dies tun Kirchenkritiker. Ich vertraue da voll und ganz auf die Mündigkeit der Gesellschaft.

Abgedroschene Sprüche

Joachim Wolff:

Papstbesuch: Das Reizwort weckt die Dauerempörten. Da greift Frau Eschenbachs Spruch, ein Urteil lasse sich widerlegen, ein Vorurteil nie. Gern werden abgedroschene Sprüche heruntergebetet. Die Kirche schreitet fort und redet heute nicht mehr von ewiger Verdammnis, sondern von einem allumfassend liebenden und verzeihenden Gott, dessen Wesen in Jesus erahnbar wird. Allzu lange galt ihr Sündenangst als Beweggrund für rechtes Verhalten statt des Erwiderns göttlicher Liebe. Viel zu lange brauchte die Kirche, um nicht mehr von Todsünde zu reden. Aber auch ein Joseph Ratzinger kann seinen Schatten nicht überspringen.

Geschönte Ergebnisse

21. September: "Jeder fünfte Fernzug verspätet"

Friedemann Weik:

Mit der Regelung, dass 5:59 Minuten noch pünktlich sein sollen, lügt sich die DB AG selbst in die Tasche und belügt die Öffentlichkeit, wenn sie dann behauptet, 93,5 Prozent aller Regionalfahrten seien "pünktlich". Im Regionalverkehr sind bei sechs Minuten Verspätung die Anschlüsse weg und dann werden daraus effektiv 10, 30 oder gar 60 Minuten. Würde man aus 5:59 Minuten 1:59 Minuten machen, sähe das Ergebnis ganz anders aus. Würde man dann noch berücksichtigen, wie viele Personen wie stark betroffen sind, würde klar, welcher volkswirtschaftliche Schaden jedes Mal entsteht. Stattdessen schönt man das Ergebnis, weil man alle Fahrten mit einbezieht, auch die früh morgens oder nachts, wenn die Züge nur schwach besetzt sind.

Ende nicht absehbar

21. September: "Schuld(en) der anderen"

Dieter Putter:

Die Aufforderung, die Regierenden müssen endlich Ernst machen mit dem Schuldenabbau, sollte einmal unter folgendem Aspekt betrachtet werden: Deutschland hat gegenwärtig einen Schuldenberg von ca. zwei Billionen Euro aufgetürmt, der entsprechend abzutragen wäre. Selbst wenn es gelänge, ab Haushaltsjahr 2012 jährlich keine neuen Schulden mehr aufzunehmen und zusätzlich noch zehn Milliarden Euro Altschulden abzutragen, müsste dieser paradiesische Haushaltszustand über einen Zeitraum von zusammenhängend 100 Jahren anhalten, um auch nur die Hälfte der Staatsschulden abzubauen. Welch hoffnungsvoller Ausblick für einen Politiker, der häufig nur über die Dauer einer Legislaturperiode von vier Jahren im Amt ist und entsprechend temporär denkt und handelt.

Ein Schritt zurück

22. September: "Jeden Tag kommen neue Piraten"

Inge Foerster-Baldenius:

Die Sozialromantik der jungen Piraten-Partei tut der Politikverkrustung vielleicht gut. Aber müssen sie deshalb das Wort Gleichberechtigung in der Aufstellung der Kandidaten und Kandidatinnen aus ihrem Kopf verbannen und nur Jungs mit Augenklappe, die den Blick auf das Weibliche verhindern, bevorzugen? Welch ein Rückschritt.

Dramatische Misere

21. September: "Kinderarzt dringend gesucht"

Margot Gehrmann:

Als ich den Artikel las, war ich hocherfreut, dass das Abendblatt auf die Misere wegen eines fehlenden Kinderarztes in Rahlstedt-Hohenhorst hinweist. Es ist schon ein Drama, denn gerade in Hohenhorst gibt es sehr viele junge Familien mit gleich mehreren Kindern. Und wenn ein Herr Plassmann von der Kassenärztlichen Vereinigung die Versorgung für ausreichend hält, dann ist er sicher noch nie mit einem fiebernden, weinenden Kind mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt gefahren. Abgesehen davon, dass der Bus an der Haltestelle nicht gerade auf diese Fahrgäste wartet, gibt es in öffentlichen Verkehrsmitteln immer wieder Menschen, die sich über weinende Kinder aufregen.

Immer die gleiche Leier

21. September: "Umweltverbände protestieren gegen Kohlendioxid speicherung"

Helmut Hövener:

Es ist immer die gleiche Leier in Deutschland. Erst einmal gegen alles sein. Es ist schon erstaunlich, wie viel Kompetenz zum Thema CCS in unserer Republik vorhanden ist, obwohl so etwas noch gar nicht existiert. Und dann diese Ökoschäden durch die unterirdische Speicherung des Klimakillers CO2. Mir ist CO2 unterirdisch lieber als ständig direkt in der Luft. Was soll diese Weisheit von Frau Löffelsend, dass diese Lagerstätten vielleicht nicht dicht bleiben werden? Es wird sicher nicht so viel CO2 in die Luft entweichen, wie ohne CCS in die Luft geblasen würde. Bei aller Diskussion sollte man nicht vergessen, dass es sich erst einmal um eine Erkundung handelt. Geht man hiermit sorgfältiger um als mit der Erkundung der Atomendlager, sollte uns das Ganze doch weiterbringen.

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