Nachhaltige Fangmethoden können größere Profite für Fischer bedeuten - wenn Brüssel endlich seine bürokratischen Hürden abbaut

Die EU-Kommissarin Maria Damanaki hat ihre Reformvorschläge für die europäische Fischereipolitik unter die Leitsätze "Mehr Fisch, mehr Jobs, mehr Wohlstand für die Küstenregion" gestellt. Wie soll das gehen? Nachhaltigkeit wird landläufig immer mit "weniger" und "teurer" verbunden. Aber: Nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände bedeutet nicht weniger, sondern mehr Fisch. Der Fisch wird nicht teurer, wenn eine kluge Politik durchgesetzt wird und angemessene Kontrollen ablaufen. Natürlich muss es für Verstöße gegen die Regeln auch spürbare Strafen geben.

Es gibt in Nord- und Ostsee längst Erfolgsgeschichten, weil hier bereits seit Jahren mit Langzeitmanagementplänen gearbeitet wird. Für Scholle, Seelachs, Seezunge, Kabeljau, Ostseedorsch und Nordseehering gibt es Zielsetzungen und feste Mechanismen für die Quotenentscheidung. Die Wissenschaft sagt, wie es um den Bestand steht, und daraus folgt dann eine bestimmte Fangquote. Das sogenannte "Quotengeschacher" ist passé. Einige Bestände haben die bestmögliche Nachhaltigkeit bereits erreicht, das ist eine Bewirtschaftung auf dem Niveau des msy (höchstmöglicher Dauerertrag). Es gab in der Nordsee seit Beginn der wissenschaftlichen Aufzeichnungen noch nie so viele Schollen wie heute. Höhere Fangquoten wären bereits jetzt möglich, doch das würde die Märkte überfordern und zu Interventionen führen, wie damals bei Butterbergen und Milchseen. In Norwegen schließen die Kabeljaufarmen, weil es so viel wild gefangenen Kabeljau gibt, der preiswerter ist. Der Anteil Öko-zertifizierter Fischprodukte wächst schneller als "Bio" bei den übrigen Lebensmitteln.

Die Weichenstellungen erfolgten schon unter dem Vorgänger von Frau Damanaki. Der stille, staatsmännische Kommissar Joe Borg aus Malta führte den Beschluss herbei, bis 2015 nachhaltig zu fischen, und setzte die erfolgreichen Langzeitmanagementpläne durch. In seiner Amtszeit wurde eine neue Kontrollverordnung verabschiedet, die in allen Mitgliedstaaten die Einhaltung der Quote sichert.

Die ehemalige kommunistische Studentenführerin Damanaki will eine "revolutionäre" und "radikale" Reform machen. Dies ist dringend nötig bei der Eindämmung der Brüsseler Bürokratie. Beispiele für deren Fehlleistung: Ein deutscher Schollenfischer wurde zu einem Bußgeld verurteilt, weil er mit zu großen Maschen im Netz gefischt hat. Er wollte weniger Jungfisch fangen, den er nicht vermarkten kann und deshalb zurückwerfen muss. Die Krabbenfischer wiederum müssen den Betrieb von Satellitenüberwachungsanlagen bezahlen, obwohl man sie meistens vom Deich aus sehen kann.

Zutiefst undemokratisch sind zudem fünf neue Ermächtigungsregeln, mit denen die EU-Kommission künftig die Mitentscheidung des EU-Parlaments umgehen will. Statt mit solchen Manövern die "Diktatur der Technokraten" zu festigen, wie es der ehemalige EU-Kommissar Verheugen nannte, sollte man lieber vernünftig mit den Volksvertretern zusammenarbeiten.

Eine nachhaltige Fischerei ist der beste Anzeiger für ein intaktes Ökosystem. Die deutsche Fischerei ist dafür gut aufgestellt. Sie besitzt drei Prozent der Flottenkapazität und rund acht Prozent der Quoten, weil man bereits Fangkapazitäten abgebaut hat. Da der Meeresfisch ein einzigartiges, unverfälschtes Naturprodukt ist, muss der Fischer nicht nur einsammeln, sondern ein nachhaltiger Bewirtschafter der Meeresschätze sein. Mehr Fisch, mehr Jobs und mehr Wohlstand gibt es, wenn Politik, Verwaltung und Wirtschaftsbeteiligte keine schwerwiegenden Fehler machen.