Der Atomausstieg löst nicht die Probleme künftiger Generationen.

So viel Einigkeit unter den Parteien im Bundestag sowie zwischen Volk und Politik ist selten. Ein wahrhaft historischer Tag der Harmonie also, als gestern im Parlament die sogenannte Energiewende beschlossen wurde.

Doch die Harmonie wird nur von kurzer Dauer sein. Da der Beschluss nicht die Tat selbst ist, sondern erst den Beginn einer langen Entwicklung markiert, mangelt es nicht an Konfliktstoffen. Denn der Traum von der klimaneutralen Energiewende zu bezahlbaren Konditionen wird ein solcher bleiben. Neue Wind- und Solaranlagen samt der dazugehörigen Subventionen, der Ausbau der Netze und das milliardenschwere Gebäudesanierungsprogramm sind nicht zum Nulltarif zu haben. Und wenn der beschleunigte Netzausbau am Widerstand von Wutbürgern scheitert, werden Gas- und Kohlekraftwerke einspringen müssen. Oder unsere Nachbarn, die sich über unsere Hast beim Ausstieg wundern und munter weiter auf die Kernkraft setzen. Manche pragmatische Briten bewerten die Fukushima-Katastrophe, die die Kanzlerin zur Blitzwende unter Missachtung der innerparteilichen Demokratie bewegt hat, ganz anders: Ein schlecht gewarteter Altreaktor ist durch Erdbeben und Tsunami schwer beschädigt worden - alles in allem ist aber verhältnismäßig wenig Radioaktivität ausgetreten, und der Unfall bleibt beherrschbar. Was also sollte im geologisch ruhigeren Europa mit besseren Sicherheitsstandards passieren?

Die Ansicht muss man nicht teilen, und sie wäre hier auch nicht mehrheitsfähig. Wahr ist allerdings auch, dass wir zwar künftigen Generationen weniger Atommüll hinterlassen werden, dafür aber auch noch mehr Schulden und eine angeblich drohende Klimakatastrophe. Ein klassischer Zielkonflikt, der vor allem nach momentaner politischer Opportunität entschieden wurde. Unsere Kinder und Kindeskinder, deren Wohl gern als Argument geführt wird, können also keinesfalls beruhigter in die Zukunft blicken. Jedenfalls nicht, wenn sie selbst ernannten Propheten folgen, die vorgeben, diese zu kennen. Wenn der große Konsens von gestern zur Erkenntnis beitragen würde, dass wir nicht die Probleme künftiger Generationen, sondern allenfalls unsere gegenwärtigen lösen können, wäre schon viel gewonnen.