Westerwelles Nachfolger muss FDP-Profil schärfen.

Die Partei hatte lange gestritten - dann ging alles ganz schnell. Gestern Abend war Westerwelles Widerstand gebrochen. Der Außenminister wurde nach dem Wahldebakel von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg regelrecht aus dem Amt gemobbt. Doch ob es mit seinem Rückzug für die Liberalen aufwärtsgeht, steht noch dahin.

Denn Guido Westerwelle ist nicht der Alleinschuldige für die brisante Lage der Partei. Es waren auch seine Kritiker, die zuletzt alle liberalen Eigenheiten über Bord warfen und Unterschiede schleiften. Nach der Katastrophe im japanischen Fukushima sind sich alle Parteien einig, dass sie aus der Atomkraft aussteigen wollen. Alle Parteien sind gegen neue Schulden, zugleich aber nicken sie den Einstieg in eine europäische Transferunion ab. Die 22 Milliarden Euro, die Deutschland in den Euro-Rettungsfonds ab 2013 einzahlen soll, sind erstaunlich geräuschlos akzeptiert worden.

Nun gibt es für Atomausstieg und Euro-Rettungsfonds gute Argumente - aber wer vertritt die Gegenposition? Das könnte die Stunde der Liberalen sein, der Partei des freien Wettbewerbs, der wirtschaftlichen Vernunft und Streiter gegen staatliche Überreglementierung. Doch was macht die FDP? Die Liberalen streiten nicht für die Idee der Freiheit, sondern nur mit sich selbst. Sie wagen nicht, unbequeme Positionen zu vertreten, sondern überholen in der Atomdebatte sogar die Grünen. Auch wenn die Strategen die Mehrheit der Wähler im Blick haben - will die FDP nun dem Auslaufmodell Volkspartei hinterherhecheln? Und ist die Mehrheit überhaupt der richtige Berater? Der Freiheitsgedanke war in Deutschland nie besonders populär, weil er mit Zumutungen und Verantwortung für den Einzelnen verbunden ist. Viel beliebter ist bei vielen Wählern der starke Sozialstaat, der von der Wiege bis zur Bahre den Bürger umsorgt.

In einem Land, in dem die CDU längst sozialdemokratisiert ist und auf der Linken drei Parteien wetteifern, ist die liberale Marktlücke größer denn je. Der scheidende FDP-Chef Guido Westerwelle hat das zwar erkannt, doch er scheiterte an sich selbst. Er polarisierte, statt zu profilieren. Sein Nachfolger wird für sich und die liberale Idee werben müssen - nah am Wähler, aber nicht populistisch; streitlustig, aber nicht verletzend; mit Mut zum Andersdenken, nicht als Sprachrohr von Klientelinteressen.

Die liberale Idee hat einen besseren Anwalt verdient, als die FDP zuletzt war.