Italiens Premier droht diesmal tatsächlich der politische Abgang.

Seit 17 Jahren dominiert der Unternehmer, Medien-Tycoon und Immer-mal-wieder-Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Geschicke Italiens, und sein politisches Ende ist so oft herbeigeschrieben worden, dass die endlose Prozesslawine gegen ihn zuletzt kaum noch Aufsehen erregte, nicht einmal im Land selbst. Berlusconi profitierte dabei von vier Umständen: der Kontrolle des TV-Programms, der Nähe zum Vatikan, der Schwäche seiner Gegner sowie der mentalen Veranlagung seines Wahlvolks. Für die meisten Italiener ist jedermann bestechlich, Politiker eh, und da wählen sie im Zweifelsfall denjenigen, der es mit Korruption am weitesten gebracht hat. Wenn man dann noch die Justiz durch Endlosschlaufen im TV diskreditiert wie durch Gesetze wirkungslos macht, kann man es schon mal zu 17 Jahren in Italiens erster Politliga bringen, davon zehn als Nummer eins. Das hat nicht mal der "alte Fuchs" Andreotti geschafft.

Nun aber wird es eng für Berlusconi, wirklich eng. Und zwar, welch feine Ironie im Land der Papagalli, nicht etwa wegen seines Geschäfts-, vielmehr seines Sexgebarens. Auf einmal steht der Mann, der so gern damit prahlt, wie sehr er schöne Frauen liebt, nicht mehr als Erfolgsmensch mit wildem Privatleben da, sondern als notgeiler Opa, der für die nächste Nacht mit einer Minderjährigen fast alles tut.

Der Grund für diesen fatalen Imagewandel hört auf den Künstlernamen Ruby Herzensdiebin. Vieles spricht dafür, dass Berlusconi, 74, mit Ruby, damals 17, regelmäßig Sex hatte. Dass er bei einen hochrangigen Polizisten anrief, um seine Lieblingsprostituierte aus dem Gefängnis zu befreien, wo sie wegen Diebstahls einsaß, hat er bereits zugegeben. Die Beweise scheinen erdrückend zu sein, sonst hätte die Mailänder Staatsanwaltschaft gestern kein Schnellverfahren beantragt. 15 Jahre Haft stehen im Raum. Die zuständige Richterin hat nun fünf Tage Bedenkzeit. Stimmt sie dem Schnellverfahren zu, wird eine Verurteilung unausweichlich. Selbst der unverwüstliche "Cavaliere" dürfte diese politisch kaum überstehen, zumal der Vatikan längst von ihm abgerückt ist.

Es wäre dies eine Zäsur, die man den Italienern nur wünschen kann, denn in Europas Nachkriegsgeschichte war kaum eine Einzelperson für die politische Kultur so verheerend wie Berlusconi, der Mann, der bewies, dass sich Politik fürs eigene Business maßschneidern lässt. Italien könnte sich endlich neu sortieren. Und der Welt aufs Neue beweisen, dass es weit mehr ist als das Land, in dem jedermann korrupt ist.