Die CDU-Mehrheit gegen den PID-Gentest wird ihn nicht stoppen.

Hinter keiner anderen politisch aktuellen Frage lauert so entschieden das Dilemma unserer modernen Welt: Sollen wir wirklich jede Technik nutzen, auch wenn wir damit die wichtigste Entscheidung an uns reißen, die ein überzeugter Christenmensch eigentlich nur seinem Herrgott zugesteht: Herr über Leben und Tod zu sein?

Um diese Alternative geht es leider bei den umstrittenen Gentests an künstlich erzeugten Embryonen. So kann der Arzt bei der sogenannten Präimplantationsdiagnostik, kurz PID, Embryonen mit Krankheits-Genen aussortieren, bevor er sie in den Mutterleib einpflanzt. Das Verbot dieser Methode war de facto gefallen, als der Bundesgerichtshof im Sommer 2010 einen Mediziner freisprach, der sich selbst angezeigt hatte.

Deshalb muss jetzt bald ein Gesetz für Klarheit sorgen. Ein schwieriges Unterfangen. Selbst der CDU, die gerade mal wieder ihre christlichen Wurzeln bemüht, gelang gestern auf ihrem Karlsruher Parteitag kein Königsweg aus dem Dilemma. Nur eine hauchdünne 51-Prozent-Mehrheit sprach sich für ein PID-Verbot aus. Das Ergebnis der beiden fast gleich großen und freundlich miteinander umgehenden Lager zeigt nur eins: Keiner weiß genau, wo es dabei langgehen soll. Um diese Unentschlossenheit noch zu unterstreichen, hieß es zudem, bei einer möglichen Abstimmung im Bundestag sollte jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen folgen, es gebe ausnahmsweise keinen Fraktionszwang.

Das alles weist in eine kaum noch aufzuhaltende Entwicklung. Über kurz oder lang wird das Verbot in Deutschland fallen. Auch die Christdemokraten werden das nicht aufhalten können. Das liegt nicht nur an den politischen Mehrheiten, sondern hat einen tieferen Grund. Die medizinischen Möglichkeiten und die Begehrlichkeiten der Eltern verführen dazu. Außerdem grenzt ein Gesetz, das dies behutsam regelt, das umstrittene Verfahren wenigstens ein. Im Übrigen ist das Aussortieren genkranker Embryonen in einem Vier- bis Acht-Zellen-Stadium drei Tage nach der Befruchtung weniger bedenklich als die vom Gesetz erlaubte Spätabtreibung schwer kranker, aber lebensfähiger Kinder.

Die Kanzlerin ist übrigens für ein PID-Verbot, weil sie Sorgen habe, die Grenzen richtig zu definieren. Genau dazu aber muss eine Regierungschefin in der Lage sein, ebenso wie die sie tragende Partei. Auch wenn wir alle uns die Wirklichkeit manchmal weniger kompliziert wünschen.