Endlich wird Deutschland für seine Wirtschaftspolitik belohnt.

Es ist nicht lange her, etwa ein halbes Jahrzehnt, dass Schwarzmaler dieses Land tief am Boden sahen, nachdem sie es selbst dorthin phrasiert hatten. Politische Talkshows wirkten wie Kathedralen des Trübsinns. Am Buchmarkt boomten Abhandlungen, die den "Abstieg des Superstars" Deutschland unbarmherzig protokollierten.

Nichts von diesem klebrigen, pechschwarzen Pessimismus ist geblieben. Deutschland hat im zurückliegenden Jahrzehnt zwei Wirtschaftskrisen bravourös überstanden. Die Krise von 2008 und 2009 gilt als die schwerste seit Jahrzehnten. Soweit es sich für die deutsche Wirtschaft in ihrer Breite sagen lässt, ist diese Krise vorüber. Die Bundesregierungen aus Union und SPD sowie die schwarz-gelbe Koalition betrieben eine kluge und vorausschauende Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Sozialpartner am Arbeitsmarkt rangen um Arbeitsplätze und hatten dabei Erfolg - unterstützt auch von Instrumenten wie der staatlich finanzierten Kurzarbeit.

Die Vereinigten Staaten finden nach der großen Rezession wirtschaftlich nach wie vor nicht Tritt. Japan kämpft seit fast zwei Jahrzehnten erfolglos gegen die ökonomische Depression. Bei vielen europäischen Staaten, vor allem im Süden, offenbarte die Weltwirtschaftskrise gefährliche Schwächen. Ausgerechnet Deutschland mit seiner oft als schwerfällig belächelten sozialen Marktwirtschaft erweist sich nun als modernster und vitalster der großen Industriestaaten.

Die Entwicklung der Weltwirtschaft kann Deutschland nicht beeinflussen. Wohl aber können Bürger und Unternehmen, können Wirtschaft und Politik den Aufschwung als Zeitgewinn und Spielraum nutzen, um das Land weiterzuentwickeln. Die Aufgaben sind enorm: Die sozialen Sicherungssysteme müssen reformiert, Schulen und Universitäten modernisiert werden. Debatten sind zu führen, inwieweit Deutschland tatsächlich längst ein Einwanderungsland ist oder wie es möglichst bald eines werden kann, auch mit Blick auf Europa. Investitionen in die Infrastruktur, in eine ökologisch bessere Energieversorgung und eine zeitgemäße Mobilität, werden viel Kapital und Ingenieurskunst erfordern.

Dass Deutschland all diese Aufgaben meistern kann und meistern wird, haben Gesellschaft, Wirtschaft und Staat, haben die Menschen in den zwei Jahrzehnten seit der Einheit eindrucksvoll bewiesen. Noch nie in der Geschichte dieses Landes war es möglich, die Leistungsfreude und Begabung der Bürger so sehr in friedliche Kreativität zu wandeln wie in dieser Zeit. Insofern ist die deutsche Gesellschaft heutzutage so reich wie nie zuvor - ganz gleich, welche Prozentzahl vor dem Wirtschaftswachstum steht.