Schanzen-Bewohner geben hoffnungsvolles Signal.

Auf den ersten Blick war am Wochenende beim "Schanzenfest" in Hamburgs Szenestadtteil alles so wie immer: Erst wurde friedlich gefeiert, dann gab es im Schutz der Dunkelheit Randale. Und am Tag darauf zog die Polizei mit der Zahl der in Gewahrsam genommenen Gewalttäter (42) und der verletzten Beamten (elf) Bilanz.

Doch auf den zweiten Blick keimt Hoffnung auf, dass die Spirale der Gewalt, die das Viertel fast ritualhaft heimsucht, durchbrochen werden kann. Die Bewohner des Schanzenviertels, die jahrelang unfreiwillig die Bühne für alkoholisierte und zunehmend entpolitisierte Krawallmacher hergaben, setzen sich zur Wehr. Wo früher Schockstarre und verständliche Fluchtreflexe vorherrschten, wenn Flaschen und Steine flogen, regt sich nun Bürgersinn.

Das Engagement der Menschen, die im Viertel leben, ist zu begrüßen. Sie beweisen Mut und setzen damit ein Zeichen gegen die Gewalt. Sie löschten Feuer, die die Randalierer entfacht hatten. Kneipenwirte schlossen ihre Etablissements. Und selbst die Aktivisten der Roten Flora scheinen die Zeichen der Zeit erkannt zu haben: Sie verriegelten die Türen ihres Treffpunkts, um Straftätern keinen Rückzugsort vor der Polizei zu bieten.

Die Anwohner des Schanzenviertels haben sich an diesem Wochenende selbst zu Akteuren gemacht. Sie versuchen, eine Rolle einzunehmen, die bislang noch nicht definiert ist. Ihre Botschaft lautet: "Was hier passiert, geht zuallererst uns selbst an!" Die Brisanz eines solchen Engagements liegt auf der Hand: Es besteht die Gefahr, allzu schnell zwischen die Fronten zu geraten. Weder darf es darum gehen, die Arbeit der Polizei zu übernehmen, noch dürfen Bürger den Anschein erwecken, die Strafverfolgung zu behindern.

Und doch: Wenn jugendliche Randalierer im nächsten Jahr wieder meinen, das Viertel mit Gewalt überziehen zu sollen, dann hat sich etwas geändert. Wer immer auf dem Schulterblatt einen Stein in die Hand nimmt, weiß, dass er zwei Gegner hat: die Polizei und die Anwohner.

Früher eskalierte die Gewalt auch deswegen, weil es Schutzräume für Steinewerfer und Brandstifter gab. Die Bürger-Kunst besteht nun darin, klar zu sein in der Ablehnung von Gewalt, ohne jedoch selbst zur Eskalation beizutragen.

Was am Wochenende passiert ist, kann nur ein zarter Anfang sein. Ohne den Schutz der Polizei wird es auch beim nächsten Fest nicht gehen. Es wird eine Weile dauern, bis Randalierer erkennen, dass es sich nicht mehr "lohnt", in der "Schanze" Krawall zu machen. Das Signal gegen das "Weiter so" ist aber gesetzt.