Nach dem Sommer könnte Schwarz-Gelb der Neustart gelingen.

Zumindest eines hat sich für Kanzlerin Angela Merkel nach der Sommerfrische geändert. Ihr alter Regierungssprecher Ulrich Wilhelm ist von Bord gegangen und zum Bayerischen Rundfunk gewechselt, der einstige ZDF-Nachrichtenmoderator Steffen Seibert soll zukünftig die Regierungspolitik erläutern. Auch wenn der Start des 50-Jährigen gestern noch etwas holprig ausfiel, telegen und eloquent ist der neue Cheferklärer der Regierungspolitik. Und der Startpunkt seiner Arbeit ist nicht der schlechteste. Glaubt man den aktuellen Umfragen, haben die Koalitionsparteien in den vergangenen Wochen sich auf niedrigem Niveau stabilisiert, die CDU bei rund 30, die FDP bei fünf Prozent - ein Prozess, den Aktienanalysten als Bodenbildung bezeichnen würden. Alle Unzufriedenen sind auf Distanz gegangen, nun könnten positive Nachrichten den Kurs schnell in die Gegenrichtung bewegen. Dass dies möglich ist, zeigen gleich mehrere Entwicklungen der vergangenen Wochen.

So hat sich die Wirtschaft zuletzt deutlich besser entwickelt, als selbst Optimisten erhofft hatten. Wachstumsraten von mehr als 2,5 Prozent im laufenden Jahr scheinen realistisch - und Angela Merkel wird (zu Unrecht) immer wieder den Aufschwung für sich reklamieren. Weil Politik nur ein kurzes Gedächtnis kennt, könnte diese Strategie verfangen. Es wäre nicht das erste Mal, dass glückliche Regierungen ernten, was ihre Vorgänger gesät haben: Die mutigen Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung tragen nun im Aufschwung Früchte. Doch SPD und Bündnisgrüne, längst in der Opposition, schämen sich ihrer Agenda-Politik und überlassen der Kanzlerin das Feld. Um ihre eigene Klientel an sich zu binden, leugnen die einstigen Regierungsparteien ihre Verantwortung und räumen peu à peu alte Positionen. Damit räumen sie zugleich den Platz im politischen Spektrum, an dem in Deutschland noch jede Wahl gewonnen wurde: die Mitte. Setzen SPD-Chef Sigmar Gabriel und der grüne Fraktionschef Jürgen Trittin ihren Linkskurs fort, könnte die Mitte der Union bald kampflos zufallen.

Möglicherweise hat die Sommerfrische aber auch in der Koalition bei dem einen oder der anderen dazu beigetragen, nach Zank und Profilierungsgehabe nun wieder auf Ziele und Profile zu setzen. Schon eine Prise mehr Harmonie in der schwarz-gelben Koalition dürfte sich wohltuend vom Fehlstart der ersten Monate abheben.

Die Personalie Steffen Seibert wird diesen Stimmungswechsel sicher nicht herbeiführen können - zumal sein Vorgänger Ulrich Wilhelm zuletzt als bester Mann Merkels galt. Aber Seibert kann ihn moderieren und präsentieren.