Es überrascht wenig, dass Vermieter einen neuen Mietenspiegel dazu nutzen, an der Preisschraube zu drehen. Bis zu 20 Prozent im Rahmen des Spiegels sind gesetzlich erlaubt. Dass schwarze Schafe versuchen, weit über die zulässigen Grenzen hinaus Kasse zu machen und widerborstigen Mietern sogar mit Gerichtsverfahren oder Kündigung drohen, verdient Kritik. Eckard Pahlke, der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg, nennt das Verhalten einiger Vermieter "skandalös" und "teilweise betrügerisch".

Doch die Mieter sind nicht machtlos. Der Gesetzgeber weist Wege, sich gegen ungerechtfertigte Forderungen zu wehren. Nur müssen die Mieter diesen Schritt auch gehen. Der wichtigste Aspekt dabei ist zunächst: die Ankündigung einer Mieterhöhung zu überprüfen und diese nicht einfach hinzunehmen. Vor allem sollten Mieter sich - auch wenn es im ersten Moment schwierig sein mag - nicht durch Androhungen von Klagen verunsichern lassen.

Grundsätzlich gilt: Das deutsche Recht gewährt Mietern einen Schutz, der in vielen anderen Staaten seinesgleichen sucht. Zudem: Auch bei "guten" Vermietern arbeiten Menschen, die mal einen Fehler machen. So haben laut Mieterverein selbst Wohnungsgenossenschaften und das städtische Wohnungsunternehmen schon fehlerhafte Mieterhöhungen verschickt.

Das Instrumentarium ist in Deutschland durchaus mieterfreundlich. Dank Mietenspiegel und Wohnlagenverzeichnis können sich Mieter mit den Vermietern auf Augenhöhe verständigen. Auch wenn das Zahlengewirr auf den ersten Blick abschreckend wirkt: Wer sich mit der Materie ein wenig beschäftigt, kann daraus schnell wertvolle Erkenntnisse gewinnen: Wie hoch ist die Vergleichsmiete in meinem Viertel? Oder: Liegt meine Wohnung in einer guten oder normalen Wohnlage? Manches Vermieterschreiben verliert für den Kenntnisreichen rasch seine Berechtigung.

Wer sich zudem Rat und rechtlichen Beistand holen will, findet beim Mieterverein streitbare wie kompetente Ansprechpartner in 22 Hamburger Außenstellen, in denen "ausgebuffte Mietjuristen" sitzen, wie der Mieterverein-Chef sie bezeichnet. Auch wenn man die in diesen Worten steckende Eigenwerbung berücksichtigt, so sprechen für den Verein die erfolgreich vor Gericht ausgefochtenen Fälle. So konnte sich beispielsweise in einem Fall ein Paar aus Barmbek erfolgreich gegen eine Mieterhöhung wehren und spart dadurch jährlich rund 1350 Euro.

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass es in Hamburg vor allem für Singles zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt. Der Mieterverein schätzt die Zahl fehlender Wohnungen auf bis zu 40 000. Zur Wahrheit gehört ferner, dass die Situation in den citynahen Stadtteilen besonders schwierig und daher für Vermieter die Versuchung - vor allem bei Neuvermietungen - groß ist, den Mietpreis kräftig zu erhöhen. Hier muss die Politik den Druck vom Kessel lassen.

Der vom SPD-Senat geplante Bau von jährlich 6000 Wohnungen ist ein richtiger Schritt. Bürgermeister Olaf Scholz wird sicher an der Erfüllung des Versprechens gemessen. Auch die jetzt in Dulsberg und Barmbek geplanten "sozialen Erhaltensverordnungen", mit denen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen - also Luxussanierungen - unterbunden werden, können helfen.

Zu Wahrheit gehört ebenso: Aufgeklärte Bürger müssen nicht die Rolle des Bittstellers einnehmen, wenn es zum Streit mit dem Vermieter kommt.