In Schleswig und Holstein ist Spott übereinander erlaubt, Streit wird nicht gesucht. So bleibt man “up ewig ungedeelt“

Es gibt nicht viele Ehen, die weder der Papst noch der Dalai Lama aufheben können. Auch Gevatter Tod, der bekanntlich jedes herkömmlich verheiratete Paar auf sehr unschöne Weise zu entzweien in der Lage ist, bleibt in Schleswig-Holstein machtlos. "Up ewig ungedeelt" hieß es damals bei der Eheschließung - und das bedeutet nun mal: Über den Tod hinaus. Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass "Schleswig-Holstein meerumschlungen" ist. Ein Auseinanderfallen der beiden Landesteile ist damit auch geologisch ausgeschlossen. Dass Schleswig und Holstein angesichts dieser für andere Paare gewiss bedrückenden Perspektive nun schon seit rund 550 Jahren ganz gut miteinander klarkommen, ist eigentlich ein Wunder. Kann man es erklären?

Man kann es zumindest versuchen. Wie tickt also der Schleswiger, wie der Holsteiner? Was haben die beiden, was andere Paare nicht haben? Bedauerlicherweise liefert die Soziologie hier kaum Erkenntnisse. Im Pferdesportland Schleswig-Holstein ist es aber erlaubt, auf Erfahrungen der Hippologie zurückzugreifen. Und da gibt es einiges. Pferdeexperten beschreiben den Holsteiner als nervenstark, gehorsam und lernwillig. Er sei von angenehmem Wesen, in manchen Zuchtlinien aber etwas temperamentvoller und dadurch schwieriger zu handeln.

Das Schleswiger Kaltblut ist ein "leistungsfähiges, rundrippiges, futterdankbares Pferd mittleren Rahmens mit raumgreifenden Schritt- und Trabbewegungen", schreiben die Fachleute. Es zeichne sich durch seine Lernwilligkeit und gute Umgänglichkeit, eine hohe Zugleistung und Wendigkeit sowie durch seine Ausdauer und Genügsamkeit aus.

Von dieser Nervenstärke und Wendigkeit - und auch von der Zugleistung, denn die Sendung hatte eine ordentliche Einschaltquote - konnten sich unlängst die Zuschauer des TV-Duells zwischen den Spitzenkandidaten Torsten Albig (SPD) und Jost de Jager (CDU) überzeugen. Vergeblich versuchte der NDR-Moderator Andreas Cichowicz, mit dem Reizwort "Barschel-Affäre" die beiden Schleswig-Holsteiner in einen Streit hineinzutreiben.

Ein Geheimnis der ewig langen Ehe ist nämlich, dass man immer dann die durchaus vorhandenen Zwistigkeiten beiseite schiebt, wenn es jemand wagt, das Land zu attackieren. Torsten Albig, der Kieler und damit Holsteiner, und Jost de Jager, der Eckernförder und damit Schleswiger, schalteten also nach der Cichowicz-Frage nicht etwa einen Gang hoch, sondern extra einen Gang runter. Gemütlich trabten sie so an der Konfrontation vorbei.

So hält man es in Schleswig und auch in Holstein meistens. Spott ist erlaubt, Streit wird nicht gesucht.

In Holstein blickt man hin und wieder schon etwas mitleidig auf den Landstrich im Norden, der, so ein gern geäußertes Ressentiment, hauptsächlich aus Landwirtschaft und Langeweile besteht. Galt dort Breitband nicht bis vor wenigen Jahren noch als geeignetes Mittel, um bockige Kühe fester an die Kandare zu nehmen?

Und in Schleswig stellt man gern mal fest, dass der Süden mit Gewerbegebieten zugepflastert wird wie nichts Gutes. "Bei uns blüht der Raps, bei euch der Beton", heißt es mit der Attitüde des Natur-Beschützers.

Aber das Bundesland mit den beiden dänischen Löwen und dem holsteinischen Nesselblatt im Doppelwappen macht das nur stark. Es hat deshalb sogar die schwer verkraftbare Tatsache überlebt, dass im vergangenen Jahr eine Band mit dem Namensungetüm "Susan feat. Chrissy-Chris-Cross & Tobsen-Didi" aus Kaltenkirchen (Holstein) die Landeshymne "Schleswig-Holstein meerumschlungen" verkitschen durfte - und das sogar im Auftrag der Landesregierung.

Gelassene Bürger, blühende Landschaften, Schlösser, die Holsteinische Schweiz, Sylt, Fehmarn, der Lübecker Dom, die Flensburger Marienkirche, Haithabu - Schleswig-Holstein hat einfach viele Attraktionen. Auch die Sandkörner am Ostseestrand gehören dazu. Liebes Schleswig-Holstein: Deine Reize sind "up ewig" ungezählt.