Die ehemalige Vize-Bürgermeisterin für Kultur und internationale Beziehungen von Piräus hält die Kritik an ihrem Heimatland für überzogen

Ich habe ein griechisches Herz und eine deutsche Seele. Und dabei ist es meine feste Überzeugung, dass unser gemeinsames Europa eine der größten politischen Errungenschaften der letzten 100 Jahre darstellt.

Wir sind nicht Griechen oder Deutsche - wir sind Europäer!

Haben die aktuellen Ereignisse das Verhältnis zwischen Griechen und Deutschen nachhaltig gestört? Kritik in dieser schweren Krise an Griechenland war angebracht. Der Groll und die Kritik auf beiden Seiten sind jedoch nur vorübergehend.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es Bestechlichkeit und Korruption in Griechenland gegeben hat, aber das alles ist keine Mentalität eines Volkes, sondern liegt begründet im Interesse einzelner Menschen und Gruppen, was es leider auch in anderen Ländern gibt. Schuld an dieser Krise sind die griechische Politik und die gewählten Regierungen, die über Jahrzehnte hinweg alles darangesetzt haben, ihre Wiederwahl zu sichern.

Wie zum Beispiel durch Hunderttausende neue Beamtenstellen, durch eine nicht konsequente Steuerpolitik, fehlgeleitete EU-Subventionen und die Möglichkeit, sehr früh in Rente gehen zu können. Dadurch ist dieses Land an den Rand des Staatsbankrotts geraten. Nicht der einzelne Grieche hat über seine Verhältnisse gelebt, sondern der griechische Staat.

Die Griechen haben allerdings mit der Wahl der neuen Regierung unter Ministerpräsident Papandreou im Oktober 2009 für eine Erneuerung gestimmt. Die jetzt beschlossenen harten Einschnitte in den Staatsapparat und die überfälligen Reformen sind auch eine Chance, das Land reformieren und sanieren zu können. So sieht das auch die Mehrheit der Griechen.

Die Griechen konnten sich nicht wie die Deutschen auf den Staat verlassen, sondern auf ihre Familie, ihre Freunde und auf sich selbst. Die griechische Politik muss endlich gerechte Rahmenbedingungen vorgeben und sich unbestechlich für das Wohl des Volkes einsetzen. Viele in Deutschland fragen sich jetzt, ob das traditionell gute Verhältnis zwischen Deutschen und Griechen belastet ist, ja vielleicht gefährdet. Ich glaube nicht. Was ich an Groll gegen Deutsche beobachtet habe, ist nur vorübergehend und auch etwas hilflos.

Ich kenne meine Landsleute als fleißige und gut organisierte herzliche Menschen, die hilfsbereit sind und sehr viel Wert auf Bildung legen. Sie haben oft zwei bis drei Jobs, sowohl Männer als auch Frauen - nicht nur, um ihre Familie zu ernähren, sondern um ihren Kindern die beste Ausbildung zu ermöglichen.

Zur Freundschaft ist noch zu sagen, dass die Griechen die Deutschen mögen, dass sie die Deutschen wegen ihrer Disziplin und Zuverlässigkeit bewundern. Deshalb sollten wir zusehen, diese Freundschaft, die sowohl Deutschland als auch Griechenland betrifft, aber auch ganz Europa, als großes Gut anzusehen und zu bewahren.

Eine Verletzung durch einen guten Freund trifft einen besonders hart. Kritik ausüben, sich die Wahrheit sagen, ist richtig - und die Griechen erwarten diese Offenheit -, aber man sollte maßhalten. Vor uns stehen auch andere EU-Länder mit massigen wirtschaftlichen und finanziellen Problemen.

Ich würde mich freuen, wenn die Deutschen und die Griechen in einer so schweren Krise, die ganz Europa betrifft, bei ihrem schweren Weg, den sie beschreiten müssen, zusammenhalten.

Freundschaft und Zuneigung müssen weiter ein wichtiger Bestandteil unserer Völker sein.