Berlin. Nach dem Auftritt von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj im Bundestag steht die Regierung in der Kritik. Auf die dringliche Videobotschaft am Donnerstag folgte eine Menge Applaus, es gab sogar Standing Ovations. Mehr allerdings auch nicht. Hinterher gab es ein paar Geburtstagwünsche und die Tagesordnung. CDU-Politiker Norbert Röttgen nannte die Reaktion "würdelos".
Diese Situation nahm Moderator Markus Lanz zum Anlass, um Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ins Kreuzverhör zu nehmen. "Ich bin sehr froh, dass Deutschland so sehr hilft, dass wir so viel tun", betonte Schulze und ignorierte die Fragen des Moderators. Lanz unterbrach die SPD-Politikerin immer wieder: "Warum steht dann Olaf Scholz nicht auf und antwortet?", hakte er nach.
"Markus Lanz": Schulze weicht Fragen aus
Fehler eingestehen, wollte die Ministerin an diesem Abend jedenfalls nicht. "Olaf Scholz ist dauernd im Kontakt mit Selenskyj. Er tut alles, was er kann, um Putin dazu zu bewegen wieder an den Verhandlungstisch zu kommen", sagte Schulze. Immer wieder tätschelte sich die Politikerin selbst auf die Schulter, lobte im Intervall die SPD und akzentuierte, wie wichtig es sei, "zuzuhören". Letzteres schien Lanz sich nicht zu Herzen zu nehmen, da er Schulze permanent ins Wort fiel.
"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:
- Svenja Schulze, SPD-Politikerin
- Gerald Knaus, Soziologe
- Serap Güler, CDU-Politikerin
- Vincent Stamer, Ökonom
- Ulf Röller, Journalist
Zur Verteidigung eilte CDU-Politikerin Serap Güler und warf dem Moderator "Whataboutism" vor. Allerdings sprach auch Güler von einer "Chance, die er hier verpasst hat".
Zufrieden schien Lanz mit den Antworten nicht und bohrte weiter. Der Moderator kritisierte die Verbindungen von SPD-Politikern und der Energielobby – allen voran Gerhard Schröder. "Er hat keinerlei Einfluss. Er ist ein Privatmann. Ich finde es schade und es tut mir weh, was er macht", so Schulze.
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"Lanz": SPD-Politikerin Svenja Schulze platzt der Kragen
Anschließend versuchte Schulze sich aus dem Fragenhagel zu retten, indem sie über die Wichtigkeit der erneuerbaren Energien sprach. "Das ist das, was wir auf den Weg gebracht haben, dass wir weniger abhängig werden von diesen fossilen Ressourcen und das ist genau der richtige weg", betonte die SPD-Politikerin. Und als Moderator Markus Lanz weiter stichelte, platzte Schulz der Kragen.
"Wenn wir sagen, die Grenzen der SPD zur russischen Energiewirtschaft waren fließend, da muss man sagen: Das ist eine Übertreibung. Es gab sie schlicht nicht", so Lanz. "Das ist eine Unverschämtheit. Das weise ich auch in aller Deutlichkeit zurück", entgegnete die Politikerin.
Güler bei "Lanz": Stunde der Diplomatie "vorbei"
Doch was würde passieren, wenn die fossilen Ressourcen wegfielen? Sanktionen im Energiebereich würden laut Ökonom Vincent Stamer zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führen. Stamer betonte, dass gerade im Bereich der Lieferketten zahlreiche Jobs verschwinden würden. Dabei sprach er von hunderttausend Arbeitslosen. Die CDU-Politikerin Güler nannte die Entscheidung solcher Sanktionen ein "moralisches Dilemma".
Verhandlungen mit Russland seien zu diesem Zeitpunkt allerdings vergeblich. Das findet neben dem Soziologen Gerald Knaus auch Serap Güler. "Ich glaube, die Stunde der Diplomatie ist vorbei." China sei möglicherweise die einzig verbleibende Einflussmöglichkeit auf Putin selbst. "Die europäischen, aber auch die amerikanischen Bemühungen, haben keine Früchte getragen", ergänzte sie.
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"Markus Lanz": Bessere Verteilung von Flüchtlingen notwendig
Nicht nur im Bereich der Diplomatie bemühe sich Deutschland weiterhin, besonders auch die der Umgang mit den vielen Millionen Geflüchteten benötige laut Bundesministerin Svenja Schulze noch mehr Initiative. Sie berichtete von ihren Erfahrungen im Grenzgebiet: "Wirklich schreckliche Bilder. Die Kinder haben mir erzählt, wie sie in den Kellern waren."
Deutschland stelle momentan vor allem Züge bereit, wolle aber auch Flüge anbieten. "Wir müssen das innerhalb von Europa besser verteilen. Weil den Menschen muss geholfen werden, das sind dramatische Situationen", so die SPD-Politikerin.
Für Soziologe Gerald Knaus ist Brüssel nicht aktiv genug. "In Brüssel gibt es das Gefühl, wir brauchen keine koordinierte Umverteilung, weil sich die Leute bewegen", so Knaus. CDU-Politikerin Güler schlug in diesem Rahmen einen Gipfel mit weiteren EU-Staaten vor, um nicht in dieselbe Situation zu geraten, "in der wir 2015 schon mal gesteckt haben".
Dieser Artikel erschien zuerst bei waz.de
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