Eidelstedter Schülerin wollte wissen, wie es sich anfühlt, 72 Stunden am Stück wach zu bleiben. Sie ging dabei an ihre persönlichen Grenzen.

Stress bei der Arbeit, Atlantiküberquerung allein mit einem kleinen Boot, Wanderungen in eisiger Kälte, aber auch Krieg, Flucht und Vertreibung. Oft sind Menschen extremen Erfahrungen ausgesetzt. Mein Leben verläuft sehr geregelt. Morgens stehe ich auf, kleide mich an, frühstücke und gehe zur Schule. Zweimal um den Sportplatz rennen ist dann schon die größte Herausforderung. Aber wie ist das, wenn man wirklich nicht mehr kann? Hunger, Durst, körperliche Erschöpfung unerträglich werden? Ich entscheide mich für einen Selbstversuch. Ich will versuchen, drei Tage nicht mehr zu schlafen, und meine Erfahrungen festhalten.

Tag 1: Es ist 22 Uhr. Alle um mich herum gehen schlafen. Draußen gehen die Lichter der gegenüberliegenden Wohnungen aus. Ich kann kaum noch was sehen. Die Zeit vergeht sehr langsam. Um elf Minuten nach Mitternacht bin ich total müde. Ich halte mich durch Bewegung wach. Bis 2.35 Uhr. Da schlafe ich beinahe ein. Ich gehe ins Bad und wasche mein Gesicht mit eiskaltem Wasser. Auf Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke verzichte ich, weil ich mit eigener Kraft wach bleiben will. Um 6 Uhr morgens fühle ich mich schrecklich. Um 7 Uhr mache ich mich fertig für die Schule. In der Schule angekommen, kann ich mich noch konzentrieren. Später bekomme ich Kopfschmerzen.

Ich bin verwirrt. Ich komme um 15 Uhr nach Hause. Mir ist total warm, meine Augen sind heiß und fallen dauernd zu. Ich halte bis zum Abend durch. Und sogar noch länger.

Nachts fängt es wieder von vorne an. Dieses Mal bin ich nicht die Einzige, die wach bleibt. Meine drei Brüder bleiben länger wach, weil sie morgen nicht zur Arbeit müssen.

Tag 2: Es ist genau 2 Uhr. Ich zähle Sekunden. Ich habe das Gefühl, verrückt zu werden. Mein Kopf ist leer. Ich schaffe es tatsächlich, bis morgens um 6 Uhr wach zu bleiben. Es ist noch dunkel, aber ich höre draußen die Vögel zwitschern. Ich schleiche mich ins Wohnzimmer und trinke kaltes Wasser. Danach mache ich etwas Sport und fühle mich gleich viel besser.

Lange hält das aber nicht an, denn mir ist total schwindelig. Später wacht dann auch meine Familie auf. Fröhlich wirke ich wohl nicht, denn mein Bruder sagte mir, dass ich aggressiv bin und bei jeder Kleinigkeit zickig werde. Ich denke mir, dass ich es fast geschafft habe. Mir ist dauernd nur schwindelig und übel. Die Kopfschmerzen wollen inzwischen auch nicht mehr verschwinden. Ich beschließe kurz, meine Augen zu schließen, um nicht gleich einzuschlafen, bewege ich dauernd meine Hand.

Tag 3: Es ist 4 Uhr morgens. Mein Kopf nimmt jedes Geräusch als Echo wahr. Ich bin zu erschöpft, um mich zu bewegen. Noch ein paar Stunden, dann habe ich es geschafft. Ich muss bis 7 Uhr durchhalten. Dann habe ich genau drei Tage nicht geschlafen. Aber es ist erst 5 Uhr. Inzwischen fühle ich mich gar nicht mehr gut. Ich habe auch keinen Hunger.

Dann habe ich das Unglaubliche geschafft. Ich habe wirklich 72 Stunden nicht geschlafen. Ich bewege mich wie in Trance. Mein Selbstversuch hat mich an meine körperlichen Grenzen geführt. Ich möchte es nicht noch einmal versuchen. Es war eine echte Qual, diese Tage ohne Schlaf würde ich niemals jemanden antun. Dennoch fühle ich mich gut, weil ich Willensstärke bewiesen habe. Es war gefährlich. Aber es stärkt mich auch beim Bestehen anderer Herausforderungen. Die zwei Runden um den Sportplatz, die nächste Mathearbeit, das schaffe ich doch locker. Um 9.32 Uhr ist es dann so weit. Ich habe einen traumlosen Schlaf. Als ich um 15 Uhr aufwache, bin ich total erleichtert und will nur noch liegen bleiben und weiterschlafen.