Das wiederauferstandene Neoklassik-Duo Dead Can Dance hält im Stadtpark Hof. Brendan Perry und Lisa Gerard haben die Lust am Touren wiederentdeckt.

Wer in den 80er-Jahren groß wurde und sich auf Pfaden abseits von Gute-Laune-Eurodisco orientierte, kam an dem finster schwelgerischen Independent-Duo Dead Can Dance nicht vorbei. Wunderbar ruhte die Dandy-Stimme Brendan Perrys über den Melodien von graziler Neoklassik und Rhythmik und kommunizierte auf archaische Weise mit der mal schrillen, mal madonnenhaften Lisa Gerard. Das Duo setzte zwei Millionen Alben ab. Und steuerte den eigenen düster-okkulten Klangkosmos in den folgenden Jahren in Richtung Ethno, Mittelalter und Weltmusik weiter.

2005 herrschte nach einer ersten Reunion-Tour plötzlich Schweigen. Ein „Desaster“ sei es gewesen, sagt Gerard heute. Aber das gehört schon mal dazu, wenn zwei Künstlerpersönlichkeiten und obendrein Ex-Liebende aufeinandertreffen. Völlig unerwartet lag dann 2012 ein neues Album in den Regalen. „Anastasis“ führte erfrischend weg von dem zuletzt gelegentlich arg ins Mittelalterlich-Esoterische driftenden Pfad der Band. Zurück zu den neoklassischen Anfängen. Die flugs aufgesetzte Welttournee war ausverkauft, noch bevor ein Plakat hing.

All jenen, die keine Karte ergattert haben, streichelt das Duo mit „In Concert“ der aktuellen Doppel-CD mit Livemitschnitten die enttäuschte Seele. Leider haben sie auf der Comeback-Tour ihre legendären Klassiker wie „Xavier“, „Advent“ oder das grandiose „The Cardinal Sin“ ausgespart. Aber das können sie auf der aktuellen Tour nachholen. Denn Dead Can Dance hat die Lust am Touren wiederentdeckt und beschallt am 19. Juni den Stadtpark. Wie sich die düsteren Klänge der Band in den Weiten des Grüns ausnehmen, ist schwer zu prophezeien. Sicher ist, die Fans werden strömen, Indie-Gemeinde, Alt-Gothics, Mittelalter-Freaks oder einfach Freunde sakraler Klänge, die nicht ganz von dieser Welt stammen.

1981 hatte sich das Duo, damals noch als große Band, im australischen Melbourne gegründet. Da sowohl Perry als auch Gerard anglo-irische Wurzeln haben, siedelten sie später nach London über. Ihr Perfektionsdrang ließ sie die Musiker häufig austauschen. Von den progressiven Indie-Gitarren des nach der Band benannten Debüts hatte sich Dead Can Dance auf „Spleen and Ideal“ bereits verabschiedet. Der Weg ging Richtung flauschiger Streicherteppiche und schleppender Erhabenheit. Auf „The Serpent‘s Egg“ und „Aion“ wandte sich das Duo eher gregorianischen Gesängen und Renaissance-Musik, später auf „Into the Labyrinth“ und „Spiritchaser“ arabischen und afrokaribischen Klängen zu. Unverwechselbar blieb sein Klang immer.

1998 tauchte dann auf der gemeinsamen Website der Spruch auf: „Sobald Angst dort ist, wo Liebe sein sollte, ermahnt die Zeit zum Aufbruch.“ Das Unvorstellbare, das Ende der Band, war verkündet. Der Musik blieben beide auf ihre Weise treu. Lisa Gerard etablierte sich als viel beschäftigte, Golden Globe gekrönte Filmkomponistin, die unter anderem mit Hans Zimmer „Gladiator“ vertonte. Perry brachte ein paar Folk-orientierte Alben heraus und unterrichtete in der eigenen Samba-Schule.

Den Test der Zeit hat die Musik ohnehin längst bestanden

„Anastasis“ kommt aus dem Griechischen und heißt Auferstehung. Neu erfunden hat sich Dead Can Dance nicht, aber lange wirkten ihre Songs nicht mehr so geschlossen, wie „Amnesia“ oder „Return of the She-King“ mit ihren Anleihen bei kruder Esoterik und mittelalterlichen, marokkanischen und westindischen Klängen.

Den Test der Zeit hat die Musik des Duos ohnehin bestanden. Und es ist auch schön, dass einen die düsteren Plattencover, auf denen sich etwa eine steinerne Statue mit letzter Kraft an eine Friedhofsmauer klammert oder eine mysteriös rot bekuttete Figur in einem undurchsichtigen magischen Ritual einen riesigen Stern emporreckt, bis heute erschauern lassen. In den Fluss-gleichen Klavierarpeggien der Songs auf „Within The Realm Of A Dying Sun“ und „Spleen And Ideal“ hat man den Frust über die Eskapaden der ersten Liebe ertränkt. Und manchen Stress mit Schule oder Eltern. Das vergisst man bekanntlich nie.

Dead Can Dance Mi 19.6., 19.00, Stadtpark (S Alte Wöhr), Saarlandstraße, Karten ab 55,75 im Vvk.; www.deadcandance.com