Am Karfreitag stehen zahlreiche oratorische Passionen in Hamburgs Kirchen an - von Bach und anderen Komponisten, die die Leidensgeschichte Jesu vertont haben.

Der Leidensweg Jesu und sein qualvoller Tod am Kreuz gehören zu den zentralen Themen des christlichen Glaubens. Ihre große Bedeutung spiegelt sich auch in der Musik: Unzählige Komponisten haben sich im Laufe der Jahrhunderte mit der Passionsgeschichte beschäftigt. Die mit Abstand bekanntesten Vertonungen stammen von Johann Sebastian Bach. Seine Passionen geben in der Hamburger Kirchenmusik in jedem Frühjahr den Grundton an.

Am Karfreitag ist die Passion nach Johannes gleich in zwei Hauptkirchen zu erleben: Um 17 Uhr dirigiert Matthias Hoffmann-Borggrefe in St. Nikolai am Klosterstern ein Konzert mit seiner Kantorei und der Hamburger Camerata (29.3., 17 Uhr). Zwei Stunden später und rund fünf Kilometer weiter südlich leitet Andreas Fischer eine Aufführung mit historischen Instrumenten. Fischer präsentiert die wenig bekannte zweite Fassung der Johannes-Passion, in der Bach einige gravierende Veränderungen vorgenommen hat. Der Eingangschor etwa ist hier gegen die Choralfantasie "O Mensch, bewein' Dein Sünde groß" ausgetauscht, mit dem der Komponist später die erste Hälfte der Matthäus-Passion beschließen wird. (29.3., 19 Uhr, St. Katharinen).

Dass die oratorischen Passionen Johann Sebastian Bachs wahrscheinlich die größten, keinesfalls aber die einzigen musikalischen Meisterwerke zur christlichen Leidensgeschichte sind, zeigt Kantor Julian Mallek in Wohldorf-Ohlstedt in der Matthias-Claudius-Kirche mit der Markus-Passion des Hamburger Barockkomponisten Reinhard Keiser. (29.3., 18 Uhr).

Michel-Kirchenmusikdirektor Christoph Schoener und sein Chor St. Michaelis haben die bachsche Matthäus-Passion bereits am vergangenen Sonntag aufgeführt und widmen sich am Karfreitag dem wunderbaren Oratorium "Golgotha" von Frank Martin. Das 90-minütige Stück für Soli, Chor und Orchester ist durch die Rembrandt-Radierung "Die drei Kreuze" inspiriert und kleidet das Passionsgeschehen in düstere Farben und herbe Harmonien. Mit seinem eher schmerzvoll-meditativen Charakter bildet Frank Martins "Golgotha" aus den Jahren 1945 bis 48 einen reizvollen Kontrast zur Dramatik der bachschen Johannes-Passion. (29.3., 18 Uhr, St. Michaelis).

Auch Rudolf Kelber beschreibt und beschreitet einen ganz eigenen musikalischen Leidensweg abseits der bekannten Passionspfade. Er vereint die "Sieben Letzten Worte Christi am Kreuz" von César Franck mit dem "Karfreitagszauber" aus Wagners Parsifal und Verdis Stabat Mater zu einem Programm, das nicht nur den großen Jubilaren des Jahres 2013 Rechnung trägt, sondern zugleich eine überkonfessionelle Botschaft hat. Denn mit Arnold Schönbergs "Kol Nidre" dirigiert Kelber auch die Vertonung des Auftaktgebets zum Versöhnungstag Jom Kippur - dem höchsten Feiertag im jüdischen Glauben. (29.3., 18 Uhr, St. Jacobi).