Düsseldorf. Erleichterung bei den Nachkommen, Lob von jüdischen Organisationen: Düsseldorf gibt ein wertvolles Bild als Raubkunst zurück. Doch zugleich ist eine neue Restitutionsdebatte eröffnet worden.

Die Entscheidung des Düsseldorfer Stadtrats, nach einem jahrelangen Raubkunststreit ein bedeutendes Gemälde von Franz Marc zurückzugeben, hat der Stadt viel Lob eingebracht.

Erleichtert und dankbar reagierten die Nachkommen des von den Nationalsozialisten verfolgten einstigen Besitzers Kurt Grawi (1887-1944): "Unsere Familie ist sehr dankbar, dass wir in einem Land leben, in dem Gerechtigkeit weiterhin das Leitprinzip ist und welches fair und offen mit seiner Vergangenheit umgeht", teilten die heute in Deutschland und Chile ansässigen Nachkommen mit.

Der Düsseldorfer Stadtrat hatte am Donnerstag beschlossen, das expressionistische Werk "Die Füchse" von Franz Marc an die Erben des einstigen Besitzers Grawi zurückzugeben. Der Rat folgte damit einer in Fachkreisen umstrittenen Empfehlung der Beratenden Kommission für Raubkunstfälle.

Der Rückerstattungsprozess habe sich nach ihrer Erfahrung als "fair und unparteiisch" erwiesen, erklärte die Grawi-Familie. Die Nachkommen dankten dem Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) und Kulturdezernent Hans-Georg Lohe dafür, dass sie ihr Wort gehalten hätten.

Das auf mindestens 14 Millionen Euro geschätzte kubistische Gemälde kam 1962 als Schenkung nach Düsseldorf und gehört zu den Spitzenwerken des Museums Kunstpalast. Über die Rückgabe des Werks hatte es eine kontroverse Debatte gegeben, da das Bild erst nach der Emigration Grawis im Ausland verkauft worden war.

Auch die Claims Conference, die sich für die Durchsetzung von Ansprüchen von Holocaust-Überlebenden einsetzt, begrüßte die Rückgabe. "Die spezifischen Gegebenheiten des Falles finden in dieser Entscheidung ebenso Berücksichtigung wie die moralische Komponente", erklärte Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Deutschland. "Für die Grawi-Erben, unter ihnen die Ehefrau eines der beiden gleichfalls verfolgten Stiefsöhne, stellt die Rückgabe des Kunstwerks eine späte Korrektur nationalsozialistischen Unrechts dar", sagte er.

Die Beratende Kommission rechtfertigte erneut ihre Empfehlung: Grawi sei nach dem Pogrom vom November 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, seines Vermögens beraubt und anschließend mit zehn Reichsmark ins Exil vertrieben worden, teilte die Kommission mit. In dieser Situation habe er das unter erheblichen persönlichen Risiken ins Ausland verbrachte Gemälde verkaufen wollen.

Wie bereits in früheren Empfehlungen gehe die Kommission davon aus, "dass ein Rechtsgeschäft außerhalb des NS-Machtbereichs die Annahme eines NS-verfolgungsbedingten Entzugs nicht notwendigerweise ausschließt". Auch im Fall Grawi habe der Verkauf in unmittelbarem Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Verfolgung gestanden.

Die Anwälte der Grawi-Erben nannten die Empfehlung der Kommission "wegweisend" auch für andere, ähnlich gelagerte Fälle, in denen NS-Opfer sich zwangsweise von ihrem Vermögen hätten trennen müssen - "und zwar unabhängig davon, ob der Vermögensgegenstand noch in Nazi-Deutschland oder außerhalb des Deutschen Reichs den Besitz wechselte". Die Kommission habe ein "deutliches Zeichen" gesetzt.

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