Mannheim/Berlin/Frankfurt. Künstlerinnen kämpfen um Sichtbarkeit von Frauenkunst. Zum Internationalen Frauentag demonstrieren sie für ihr Anliegen. Sie finden mittlerweile auch unter männlichen Museumsdirektoren Unterstützer.

Der Kunstbetrieb ist eine Männerdomäne. "Kommen Frauen nur ins Museum, wenn sie nackt sind?" fragte in den 1980er Jahren eine feministische Künstlerinnengruppe namens Guerilla Girls.

Die Aktivistinnen kritisierten, dass der Anteil der Kunst von Frauen in den Museen weltweit nicht einmal fünf Prozent betrage. Schnee von gestern? "Keineswegs, das ist leider immer noch aktuell", sagt die Berliner Bildhauerin Rachel Kohn. Künstlerinnen kämpften heute wie gestern um Sichtbarkeit, betont die Vorstandsfrau des Berliner Frauenmuseums, eines Zusammenschlusses von Künstlerinnen ohne eigene Ausstellungsräume.

Ein Beispiel für die Jahrzehnte lange Ignoranz gegenüber Künstlerinnen sei der geringe Anteil von Werken von Frauen unter den 500 Gemälden, die in der Alten Nationalgalerie in Berlin hängen - 10 Prozent. "Das ist im Vergleich zu den ausgestellten männlichen Künstlern natürlich wenig, bildet aber die Erwerbungspolitik des 20. Jahrhunderts realistisch ab", erläutert ein Sprecher.

Doch das Haus steuert gegen. In einer Sonderausstellung, die jetzt zu Ende geht, hat die Alte Nationalgalerie "Künstlerinnen vor 1919" mit 60 Arbeiten von 43 Frauen gewürdigt. An einem Sockel vor dem Gebäude wird am Internationalen Frauentag eine Plakette von Jenny Holzer mit der Aufschrift "Men don't protect you any more" (Männer beschützen dich nicht mehr) angebracht - um das Thema der Sichtbarkeit von Künstlerinnen zu kommentieren.

Die fehlende Präsenz kreativer Frauen der Vergangenheit raube Künstlerinnen in der Gegenwart wichtige Vorbilder und Traditionen, meint Kohn, Absolventin der Münchner Akademie der bildenden Künste. Ihre Organisation und andere wie der "Verein der Berliner Künstlerinnen" und "Kunst und Kind" rufen am Weltfrauentag erstmals zu einer Demonstration unter dem Motto "fair share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen" vor der Alten Nationalgalerie auf.

Die Gender-Frage treibt die Kunstszene um. In der Schirn Kunsthalle in Frankfurt beleuchtet eine Schau die aktive Rolle der Frauen in der surrealistischen Malerei. Die Kunsthalle Mannheim bietet zum Frauentag Führungen durch die Sammlung an, um zu zeigen, dass Frauen sich nicht nur als Motiv von männlichen Künstlern hergaben. Spätestens nach ihrer Zulassung zu Kunstakademien in den 1920er Jahren versuchten sie, sich als künstlerisch aktive Menschen in der Welt der Malerei und Bildhauerei zu etablieren.

Der neue Kunsthallen-Chef Johan Holten hat sich die Frauenförderung auf die Fahnen geschrieben. In der ersten von ihm kuratierten Schau "Umbruch" (15. Mai bis 6. September) stellt er Arbeiten dreier Installationskünstlerinnen mit ausländischen Wurzeln aus. Das passt zu seinem Konzept der Vielfalt. Zudem werden Werke von Hanna Nagel (1907-1975), Anita Reé (1885-1933) und Jeanne Mammen (1890-1976) zu sehen sein - zu Lebzeiten wenig beachtete Vertreterinnen der Neuen Sachlichkeit.

In Kunstakademien sind Frauen oft noch in der Überzahl. Kunsthallen-Direktor Holten bedauert, dass sich dies im Kunstbetrieb nicht abbildet. Irgendwann beim Einstieg in den Markt wechseln die Positionen, hat er beobachtet. "Da gibt es Mechanismen, die zur Benachteiligung von Frauen führen." Der Kunstmarkt sei von harter Konkurrenz bestimmt. "Nur 10 bis 20 Prozent der Absolventen der Akademien können dort Fuß fassen."

Die Berliner Objektkünstlerin Kohn meint, Frauen unterliegen Männer unter anderem, weil sie bescheidener und nicht so großkotzig auftreten wie diese. "Als Frau musst Du drei Mal so gut sein wie ein Mann, um akzeptiert zu werden." Auch in der Kunstwelt gebe es nicht gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit bei gleicher Qualität.

Holten sagt: "Wir haben einen deutlichen und problematischen Männerüberhang im hochpreisigen Segment auf dem Kunstmarkt." Er will Frauen auch finanziell unterstützen; deshalb erwirbt er die drei Installationen für sein Haus. Aber anzunehmen, dass es in dem Museum jemals einen Ausgleich zwischen männlichen und weiblichen Künstlern geben könne, sei illusorisch. "Da müsste man die nächsten 130 Jahren nur Exponate von Frauen sammeln."

Das Haupthindernis für einen Aufstieg in der Kunstwelt seien Kinder, findet die dreifache Mutter Kohn. Das Atelier könne nicht mehr so häufig genutzt werden und das notwendige Netzwerken auf Vernissagen und anderen Veranstaltungen komme zu kurz. Auch Galeristen goutierten es nicht, wenn Künstlerinnen ihre Kinder erwähnen.