Hamburg. Der Saal in der Kampnagel Music Hall (kmh) war schon mal voller. Das ist ein wenig schade, denn die Anwesenden teilen ein wirklich vielschichtiges konzertantes Erlebnis. Es beginnt mit ein paar wehmütig wimmernden, schaurig schönen Blues-Gitarren, für die der Australier J.P Shilo verantwortlich ist, einst Gründungsmitglied der Band Hungry Ghosts. Nun singt er mit gebrochener, vom Leben geschliffener Stimme „Misty Light“, einen herben Blues-Song. Bald danach folgt „Invisible You“, ein schleppender Abgesang auf dunkle Nächte und die Abgründe des Herzens. Vieles erinnert an dezenten Wüstenblues, einiges auch an die Windungen des Unbewussten, wie sie der Filmmagier David Lynch einst ausleuchtete.
Kampnagel-Konzert: Mystische Gesänge lassen das Blut aufs Schönste gefrieren
Das liegt dann auch an der berückenden Stimme der bald das Mikrofon übernehmenden Musikerin Mika Bajinski. Sie wiederum zählt zur Berliner Band Sometimes With Others, die ebenfalls mit auf der Bühne steht. Und ihre Kunst der mystischen Gesänge lässt wirklich das Blut aufs Schönste gefrieren. An diesem Abend feiern alle gemeinsam eine Blues-Party mit dem langjährigen Nick-Cave-Begleiter, Birthday-Party- und Bad-Seeds-Gitarristen Mick Harvey unter dem Titel „The Invisible Blue Unicorns“.
Harvey hält sich lange Zeit zurück, greift ein paar Akkorde an den Keyboards oder zupft kurz mal ein paar Saiten. Dann aber übernimmt er zur akustischen Gitarre die Gesangsstimme an der Seite seiner neuen Entdeckung, der mexikanischen Sängerin Amanda Acevedo. In ziemlich beeindruckenden Plateaustiefeln klettert sie auf die Bühne und lässt mit Harvey im Duett ihre extravagante Stimme erklingen.
Die Coverversionen gehören nicht zu den stärksten Songs
Viele Coverversionen sind darunter, die nicht zu den stärksten Songs zählen, auch wenn es sich um schöne Blues-Arrangements von Pat Benatars „Love Is A Battle Field“ handelt. Oder um „Bonny and Clyde“, das Serge Gainsbourg und Brigitte Bardot einst unsterblich gemacht haben. Präsenter wirken schön arrangierte spanische Kompositionen wie „Al Alba“.
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Vor allem die lärmenden, experimentellen Klangimplosionen aber, die J.P. Shilo gemeinsam mit Bajinski und der Band Sometimes With Others in einer wirklich tollen Mischung aus Jazz, Blues, Noise und Experiment entfesselt, machen dieses Konzert zu einem Erlebnis.
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