Hamburg. Der Dirigent und das London Symphony Orchestra machen alle Seitenhiebe und Analysen der vergangenen Wochen vergessen.

Wie kann man nur in den höchsten Höhen noch so warm und weich spielen? 16 erste Geigen verschwinden mit ihren Tonmotiven im Bruckner-Himmel, und sie klingen dabei wie ein einziges, schon nicht mehr physisch greifbares Instrument. Das bekommt in der Akustik der Elbphilharmonie nicht jedes Weltklasseorchester hin. Aber Simon Rattle und London Symphony Orchestra machen mit ihrem Tourneestop bei ProArte alle Niggeligkeiten, Seitenhiebe und Analysen der vergangenen Wochen vergessen.

Ein großer Gesang ist diese Sechste Bruckner. Rattle legt es ersichtlich nicht darauf an, dem Publikum den Bauplan des einstündigen Werkes vorzuführen. Sollen sich doch andere um abgezirkelte, intellektuelle Lesarten bemühen oder die Selbstzweifel des Komponisten sensationsgierig ans Licht zerren oder filmreife Bilder ausmalen. Es führen so viele Wege zu dem Oeuvre des österreichischen Kauzes. Theoretisch zumindest.