Dresden. Theater, Museen, Konzertsäle - alles geschlossen. Die Kulturbranche leidet weiter schwer unter dem Lockdown. “Wir brauchen Differenzierungen“, meint Jan Vogler.

Der Cellist und Festivalintendant Jan Vogler sieht den kompletten Lockdown für die Kultur in der Corona-Pandemie überaus kritisch.

"Wir brauchen Differenzierungen. Im Musikbetrieb ist man sehr vorsichtig, die Veranstalter haben gute Konzepte entwickelt", sagte der 57-Jährige Intendant der Dresdner Musikfestspiele im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Mit Hygienekonzepten, Tests und Kontaktnachverfolgung lasse sich ein Konzert ohne großes Risiko veranstalten.

"Meine Haltung hat sich verändert. Vor einem Jahr war ich der Meinung, Kultur müsse sich in einer solchen Pandemie zunächst zurücknehmen. Zuerst ging es darum, diszipliniert zu bleiben und die Ärzte und Krankenschwestern bei ihrem Einsatz in der Pandemie zu unterstützen", sagte Vogler.

"Die Möglichkeiten von Tests werden zu wenig genutzt. Damit könnte man heute Dinge ermöglichen, die vor einem Jahr noch gar nicht denkbar waren", betonte der Musiker. Die jetzige Situation lasse sich nicht mit der vor einem Jahr vergleichen, und trotzdem gehe man nun die gleichen Wege.

"Das ist eine große Belastung. Die Leute sind angespannt, eine so lange Zeit ohne gesellschaftliches Leben verbringen zu müssen. Ich bin vom derzeitigen Kurs nicht überzeugt", sagte Vogler. Zuvor hatte er die erneute Absage der Dresdener Musikfestspiele in der geplanten Form im Mai bekanntgegeben, aber ein reduziertes Programm für Juni und November angekündigt.

Vogler ist überzeugt: "Das fehlende Kulturleben macht den Menschen zu schaffen. Ich habe das Gefühl, dass wir das Kulturland Deutschland gefährden, weil wir keinerlei Versuche erlauben, selbst die kleinsten Zellen der Kultur durch Modellprojekte zu ermöglichen." Dabei erfülle Kultur gerade in dieser Zeit eine wichtige Funktion, indem sie Menschen Freude gibt und den Alltag ein paar Stunden vergessen lässt: "Das ist uns allen in der Pandemie klar geworden."

Vogler, der abwechselnd in New York und Dresden lebt, sieht die USA im Kampf gegen die Pandemie derzeit auf Erfolgskurs. "Ich kenne keinen Freund, der noch nicht geimpft ist. Die Impfzentren in New York sind generalstabsmäßig organisiert. Da sind wir in Deutschland hinterher und ich kann mir nicht so richtig erklären, warum das so ist."

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