Dimiter Gotscheff inszeniert “Ödipus, Tyrann“ von Sophokles. Am Freitag, 4. Dezember, ist Premiere im Thalia-Theater

Das fängt ja gut an. "Über 'Ödipus'" werde ich kaum etwas sagen. Sie können mich über meine Kindheit befragen", sagt Regisseur Dimiter Gotscheff. Ein wenig wird der Bulgare dann doch den Schleier seiner Gedanken lüften. Seine Inszenierung des "Ödipus, Tyrann" von Sophokles hat in einer Fassung nach Hölderlin von Heiner Müller am 4. Dezember im Thalia-Theater Premiere.

Das Drama erzählt die Suche des von Prophezeiungen des Orakels beunruhigten Ödipus nach der eigenen Wahrheit. Angeblich soll er den eigenen Vater töten und seine Mutter ehelichen. Tatsächlich befreit Ödipus die Stadt Theben, die König Laios mit Iokaste regierte, von einer Sphinx und erhält Iokaste als Gattin. Unwissentlich hat er zuvor seinen leiblichen Vater Laios umgebracht. Besondere Wucht erhält der Stoff durch die Übersetzung Heiner Müllers, mit dem Gotscheff eng befreundet war.

"Seine Sprachgewalt nimmt mich sehr mit", erzählt Dimiter Gotscheff, der zuletzt auch die gefeierte Aischylos-Inszenierung "Die Perser" nach einer Müller-Übersetzung erarbeitet hat. "Müllers Sprache öffnet Räume. Er hat die Antike auf den Kopf gestellt, indem er die Götter ausgeschaltet hat."

Der Umgang mit der göttlichen Vorsehung und der Selbstbestimmtheit ist auch für "Ödipus", gespielt von Bernd Grawert, entscheidend. Er durchbricht mit seiner radikalen Selbstsuche Tabus. Er wird zum Rebellen, erschafft sein eigenes System - und seine eigene Bestrafung. Um das Modellhafte herauszuarbeiten, sind einige Rollen gegen ihr Geschlecht besetzt. Gotscheffs Arbeiten haben immer auch etwas fratzenhaft Entstelltes: "Es ist ein sehr vitales Material und eine lustvolle Suche. Da sind ungeheure Fallhöhen in den Zuständen. Wir lachen uns während der Proben auch kaputt."

Ödipus, Tyrann Premiere Fr 4.12., 20.00, Thalia-Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten von 8,- bis 62,-: T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de