Im Thalia-Theater stemmt Sven-Eric Bechtolf Shakespeares “Richard II.“ in einem großen Monolog als leidender, philosophierender König im Kerker.

Hamburg. Shakespeares Königsdramen laden ein zum Spiel mit der Form. Sie lassen sich wie von Luk Perceval und Tom Lanoye als "Schlachten" in einem Stück zusammenfassen. Oder auch einzeln in einem Monolog erzählen. Diesen Versuch unternehmen Regisseurin Cornelia Rainer und Koautorin Susanne Meister. Gemeinsam haben sie "Richard II." nach der Übersetzung von Schlegel/Tieck für die Premiere am 15. November im Thalia-Theater in eine monologisierende Erinnerung des eingekerkerten Königs eingerichtet.

Verkörpern wird ihn Schauspieler Sven-Eric Bechtolf. Lange Jahre fest im Ensemble der Wiener Burg, erfahren in Schauspiel- und Opernregie und ab 2011 Schauspielchef der ehrwürdigen Salzburger Festspiele, scheint das eine rechte Aufgabe für einen so anerkannten Theaterfuchs. Bechtolf sucht die Reibung. Den Widerstand. Die Gedanken sprudeln nur so aus ihm heraus. "Das Interessante an dem Stück ist, dass das elisabethanische Zeitalter noch immer an das ptolemäische Weltbild glaubte. An eine wohlgeordnete Welt, in deren Mittelpunkt der Mensch stand", sagt Bechtolf. "Es war ein tröstliches Weltbild." Mit der kopernikanischen Wende ist diese Idee zerschellt. "Das Echo des Zerberstens klingt uns heute noch im Ohr. Das Dilemma zwischen einem vorbestimmten Leben und einer geworfenen Existenz ist zutiefst modern."

Der Theaterabend erzählt das Drama im Rückblick. Richard II. sitzt, besiegt von seinem Widersacher Bolingbroke, der bald als Heinrich IV. den Königsthron besteigen wird, im Kerker. Hier zieht er ein Resümee seines Wirkens, durchleidet nochmals seine Fehler, erahnt vielleicht auch, was ein rechtes Königtum hätte sein können, um anschließend, so Bechtolf, geläutert daraus hervorzugehen. Philosophierend erkennt er, dass niemand je zufrieden sein kann, "bis er erlöst wird, nichts zu sein". Es beginnt hier die Idee einer Individualisierung, die dazu geführt hat, dass die Königswürde nicht länger als unantastbar galt. Eine Serie an Königsmorden nahm ihren Anfang. Im Zuge der Gedanken Richards werden Figuren im Kerker lebendig. Alle, vom Stallknecht bis zu Bolingbroke, beschwört der König selbst herauf. "Das Theater lädt uns immer wieder ein, die entscheidenden Fragen zu stellen", sagt Bechtolf. Aber es sei ja so: "Kenntnis fördert den Enthusiasmus."

Richard II. Premiere So 15.11., 20.00 Uhr, Thalia-Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten zu 12 bis 60 Euro unter T. 32 81 44 44 oder www.thalia-theater.de