Ein pointierter Abend mit Hellmuth Karasek und Eckart von Hirschhausen im St.-Pauli-Theater

Hamburg. Was macht man so auf Sylt, wenn der Tag kurz und der Abend lang ist? Über Vor- und Nachteile des neuen Ferrari F12 Berlinetta diskutieren? Gegenseitig die um die Schulter geschlungenen Pastell-Pullover ("Sylter Kringel") austauschen? Eine Runde mit der Cessna drehen? Der Kabarettist und Halbgott in Weiß, Eckart von Hirschhausen (Doktor, der), und der Literaturpapst und -Prophet Hellmuth Karasek (Professor Doktor, der) vertrieben sich in einer Sylter Kneipe vor einiger Zeit dieselbe mit ein paar Gläsern Wein und dem fröhlichen Austausch ihrer jeweiligen Lieblingswitze.

Es muss ein langer Abend gewesen sein, der CD und Buch nach sich zog. "Soll das ein Witz sein?" erzählt Zoten und ihren Zeitgeist, Kulturgeschichte, Ursachen und - therapeutische - Wirkung des Humors.

Lachen, dieses ansteckende und unheilbare Virus, befällt auch am Dienstag das Publikum im rappelvollen St.-Pauli-Theater, als Karasek und Hirschhausen im Rahmen des Harbour Front Literaturfestivals 90 Minuten lang ausgesuchte Bonmots und Anekdoten verteilen. Vier Gläser Wein, Karaseks aus der Tiefe des Bauchraums kommendes Mercedes-Diesel-Brummen und Hirschhausens präzises Turbopfeifen geben sich Rede, Antwort und Pointe. So stellen sie beinahe traurig Witze mit abgelaufenem Verfallsdatum vor, die ihre Wirkung verloren. Nur, wer sich noch an das Stichwort Elchtest erinnert, kichert bei "Ich hatte eine A-Klasse bestellt." - "Gut, ich habe Ihnen schon eine zur Seite gelegt". Aber das sind zum Glück nahezu alle im Saal.

Oder die Legende der DDR-Bürger, die nach der Wende ihr Begrüßungsgeld auf dem Kiez verprassen: Der Ostdeutsche zur Hure: "Was krieg ich denn für zehn Mark?" Die Hure: "Dafür kannst du es dir selber machen." Er geht, kommt nach einer halben Stunde wieder. Die Hure: "Was willst du denn schon wieder?" Der Ostdeutsche: "Bezahlen." Sehr geschickt: Dadurch, dass die beiden ihre Witze stets in den historischen, kulturellen oder medizinischen Kontext stellen, genießen sie absolute Narrenfreiheit, auch bei brisanten Themen wie dem politischen Witz: Beim Staatsbesuch in der DDR möchte Willy Brandt das Eis brechen und erzählt Walter Ulbricht: "Herr Staatsratsvorsitzender, ich sammle die Witze, die die Menschen über mich erzählen." Darauf Ulbricht: "Herr Bundeskanzler, ich sammle die Menschen, die Witze über mich erzählen." Auch der jüdische Witz (wohlgemerkt: nicht der Judenwitz) oder Behindertenwitze kommen nicht zu kurz, denn "erst, wer Teil eines Witzes ist, ist gesellschaftlich integriert", weiß Hirschhausen. "Kommt ein Einarmiger in den Second-Hand-Shop."

Subtile Doppeldeutigkeiten, der geschlossene Kreis zur Pointe, das Überraschende. Viele Beispiele haben sie parat, wie das Wortspiel "Ein Indianer geht zum Friseur, kommt wieder raus - ist sein Pony weg." Wieher!

Manches verpufft, einiges belehrt und vieles erheitert an diesem kurzweiligen Abend, auch wenn mancher Klassiker der Lach- und Sachgeschichte ausgelassen wird. Der "tödliche Witz" von Monthy Python etwa. Wie ging der no...argh!