Hamburg. Die Veranstaltung „Hamburg liest verbrannte Bücher“ erinnert an die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten vor 90 Jahren.

Täglich spazieren, radeln und joggen Hamburgerinnen und Hamburger am Kaiser-Friedrich-Ufer entlang. Den wenigsten dürfte dabei wohl die Marmortafel auf Höhe des Spielplatzes auffallen. Zehn Namen sind darauf vermerkt – darunter Carl von Ossietzky und Margarete Susman. Sie eint ein Schicksal: Ihre Bücher wurden wegen ihrer Herkunft und politischen Ansichten im Mai 1933 von den Nazis verbrannt.

Tage des Exils in Hamburg ist ein Festival gegen das Vergessen

Doch die Liste greift viel zu kurz, findet Wilfried Weinke. „Längst müsste die Liste der Namen ergänzt werden, gab es doch weit mehr Personen, die als Autorinnen und Autoren verfolgt wurden. Das Thema der Bücherverbrennungen ist in der Hamburger Öffentlichkeit unterbelichtet“, sagt der promovierte Literaturwissenschaftler.

Er beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit deutsch-jüdischer Literatur, in Vergessenheit geratenen Schriftstellern und Fotografen, die aus der Hansestadt vertrieben wurden. Einige dieser Lebensgeschichten stellt er am 11. Mai gemeinsam mit dem Gestalter Uwe Franzen und der Rezitatorin Katharina Schütz bei der Veranstaltung „Wer über das Exil spricht ...“ vor.

Der Vortrag findet im Rahmen der „Tage des Exils“ und des Literaturfestivals „Hamburg liest verbrannte Bücher“ im Körber Forum statt. „Wir möchten dem Publikum ein Kaleidoskop verschiedenster Schicksale jüdischer Autorinnen und Autoren präsentieren, die von den Bücherverbrennungen in Hamburg betroffen waren“, so Weinke.

Ziel der Veranstaltung ist es, an das Schicksal der Vertrieben zu erinnern

Dazu gehört etwa der Hamburger Kinderbuchautor und -illustrator Hans A. Reyersbach, der 1940 gemeinsam mit seiner Frau in die USA floh. Dort veröffentlichte er 1941 „Curious George“ (deutsch: „Coco – Der neugierige Affe“). Das Kinderbuch wurde ein internationaler Bestseller.

Auch das Leben von Grete Berges wird beleuchtet. Die Autorin veröffentlichte 1932 ihr Kinderbuch „Liselott diktiert den Frieden“, dass in der Haynstraße in Eppendorf spielt. Dank der Hilfe von Autorin und Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf gelang ihr 1937 die Flucht nach Schweden.

Mit der Veranstaltung am 11. Mai möchte Weinke den unbekannteren Exil-Autorinnen und -Autoren Aufmerksamkeit verschaffen – und eine wichtige Botschaft transportieren: „Die Bücherverbrennungen sind bedeutungsvolle historische Ereignisse. Sie zeigen, wie schnell eine Gesellschaft sich gleichschalten lässt – und wie wichtig es ist, sich gegen die Beschneidung von Informationen und Meinungen auch im kulturellen Bereich stark zu machen.“

Zum Auftakt des Literaturfestivals lesen Prominente aus verbrannten Büchern

Tausende Bücher gingen im Mai 1933 in Hamburg am Kaiser-Friedrich-Ufer und am Lübecker Tor in Flammen auf. Das Literaturfestival „Hamburg liest verbrannte Bücher“ nimmt sich des Themas in mehr als 50 Veranstaltungen an.

Der Auftakt findet am 10. Mai, dem 90. Jahrestag der Bücherverbrennungen, im Lichthof der Staatsbibliothek statt. Prominente wie die Autorin Kirsten Boie, die Musikerin Anna Depenbusch, die Literatur-Bloggerin Karla Paul und der Rapper Torch lesen aus verbrannten Texten und diskutieren darüber mit dem „Zeit“-Feuilletonchef Volker Weidermann.