Kampnagel Hamburg

Internationales Sommerfestival – was Besucher erwartet

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Annette Stiekele
Spektakulär: Florentina Holzingers „A Diveine Comedy“.

Spektakulär: Florentina Holzingers „A Diveine Comedy“.

Foto: Katja Illner

Tanztheater, Performance und viel Musik: Im August können sich Hamburger (nicht nur) auf Kampnagel auf ein buntes Programm freuen.

Hamburg.  Zwei Motive ziehen sich durch das diesjährige Internationale Sommerfestival vom 10. bis zum 28. August auf Kampnagel: die Farbe Blau und das in Hamburg so beliebte Musical. Vor allem dank umfangreicher Förder- und Drittmittel konnten Festivalleiter András Siebold und sein Team mit einem Gesamtbudget von rund zwei Millionen Euro ein opulentes Programm auf die Beine stellen – und auch Inflation und steigende Flugpreise abfedern.

Es führt internationale Größen der Theater-, Tanz- und Musik-Welt nach Hamburg, bindet aber auch die lokale Szene ein. Einzelne Besucher mit Lust an Entdeckungen werden darin ebenso fündig wie etwa Familien. Und tatsächlich besteht die Aussicht auf ein Festival ohne Pandemie-Beschränkungen – erstmals auch wieder mit einem offen zugänglichen Festival-Avant-Garten.

Internationales Sommerfestival beginnt mit der Farbe Blau

Mit der schön-schummrigen Farbe Blau beginnt es: Die irische Choreografin Oona Doherty gilt spätestens seit sie den Silbernen Löwen bei der Tanzbiennale Venedig 2021 gewann, zu den Größen der Tanz-Welt. In der Eröffnungsproduktion „Navy Blue“ (10. bis 13.8.) will sie Macho-Gesten auf der Bühne in sichtbare Verletzlichkeit überführen und mit großem Ensemble einen tänzerischen Bogen vom klassischen Ballett und Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 bis zu einem melancholischen Gegenwartspanorama inklusive elektronischer Klänge von Jamie XX spannen.

Eine weitere blaue Stunde präsentiert der New Yorker Choreograf Raja Feather Kelly. In „Ugly Part 3: Blue“ (25.8. bis 28.8.) zeigt er, inspiriert von Andy Warhols legendärem Blue Movie (1969), einen multidisziplinären Abend über Schwarz- und Queer-sein. Von hier ist der Sprung zu dem US-Filmemacher Gus van Sant („My Private Idaho“, „Milk“) nicht weit, der mit „Trouble“ (24. bis 27.8.) seine erste Theaterarbeit überhaupt zeigt. Auch hier geht es um Andy Warhol, beschäftigt sich die Produktion doch mit den Anfängen der Pop-Art-Ikone. Gus van Sant bedient sich dafür beim Musical, aber auch bei Elementen aus den so beliebten Highschool-Filmen.

„Magical and Elastic“ wird polarisieren

Cuqui Jerez wiederum dürfte, so András Siebold, für die Produktion sorgen, die am ehesten polarisiert. In „Magical and Elastic“ (25. bis 28.8.) wagt sich die spanische Konzeptkünstlerin an ein Musical-Experiment, das mit brachialem Humor die Zuschauer-Erwartungen zu unterlaufen verspricht. Ein Wiedersehen gibt es mit dem kanadischen Musiker Josh Dolgin alias Socalled Friends, der in „Time – The 4th Season“ (18.8. bis 21.8.) nunmehr das Finale seines über Jahre angelegten Puppenmusicals präsentieren wird.

Diesmal hat er die japanische Koto-Spielerin und Jiddisch-Sängerin Miwazow dabei. Ebenso wie das Hamburger Kaiser Quartett und seine bezaubernden Puppen. Diese Produktion ist als „familientauglich“ angekündigt. Gleiches gilt für den kanadischen Scratch-DJ Kid Koala, der in „The Story­ville Mosquito“ (11. bis 14.8.) erneut einen Live-Animationsfilm als Bühnen-Performance aufführt. Diesmal geht es in dem wortlosen Streifen um einen Klarinette spielenden Moskito, der davon träumt, mit der größten Jazzband aller Zeiten in Sid Villa’s Music Hall aufzutreten.

Auch Elbphilharmonie beteiligt

Die Musik bildet beim Internationalen Sommerfestival seit jeher keineswegs nur das Beiprogramm. Viele Konzerte ergeben sich aus den Programmlinien und nehmen Bezug darauf. So wird Kid Koala am 13. August auch in der Live Music Hall gemeinsam mit Socalled Friends und dem Hamburger Jacques Palminger zu erleben sein. Erneut ist auch die Elbphilharmonie als „kleine Nebenspielstätte“ beteiligt. Hier locken Sängerin Joy Denalane am 14. August und die Jazz-Erneuerer Sons of Kemet am 17. August zum sommerlichen Konzertgenuss.

Weitere große Tanz-Produktionen: Die Choreografin Florentina Holzinger, die einst beim Festival in den kleineren Hallen startete, präsentiert mit der radikal-feministischen Dante-Adaption „A Divine Comedy“ (26.8. bis 28.8.) ihre bislang größte Arbeit inklusive zweier an der Decke aufgehängter Autos und eines Flügels. Das Stück läuft bereits an der Berliner Volksbühne und ist dort seit Monaten stets ausverkauft.

Internationales Sommerfestival zieht in bekanntes Gebäude

Außerdem angekündigt: die australische trans-indigene Compagnie Marru­geku mit „Jurrungu Ngan-Ga“ (17.8. bis 20.8.), einer politischen Tanztheater-Arbeit über australische Gefängnisse, sowie ebenfalls aus Australien das kürzlich mit dem renommierten Ibsen-Preis geadelte inklusive Back To Back Theatre mit „The Shadow Whose Prey The Hunter Becomes“ (11.8. bis 13.8.), einer Arbeit über verschiedene Formen von Intelligenz.

Schließlich gibt es noch eine weitere gewichtige Vernetzung in die Stadt hinein. Im vergangenen Jahr bespielte das Internationale Sommerfestival das leer stehende Kaufhof-Gebäude an der Mönckebergstraße. Diesmal zieht es gegenüber in das ehemalige Karstadt-Sports-Gebäude. Dort wird eine Ausstellung mit dem Titel „Deutsches Museum für schwarze Unterhaltung und Black Music“ (11.8. bis 28.8.) zu sehen sein. Die jungen Theatermacherinnen und Kuratorinnen Joana Tischkau, Anta Helena Recke, Elisabeth Hampe und Frieder Blume wollen anhand diverser Artefakte den Anteil von schwarzen Menschen an der jüngeren deutschen Popkultur sichtbar machen.

Internationales Sommerfestival 2022 10. bis 28.8., Kampnagel, Karten unter www.kampnagel.de