Hamburg. Der Autor Tom Hillenbrand ist bekannt geworden mit seinen exquisiten kulinarischen Krimis um den Luxemburger Koch Xavier Kieffer. Herausragend sind ebenfalls seine Dystopie-Thriller wie „Drohnenland“ oder „Hologrammatica“. Sein neuer Roman „Montecrypto“ (Kiepenheuer & Witsch, 444 S., 16 Euro) greift wiederum ein höchst aktuelles Thema auf: Es geht um Bitcoins, um Kryptowährung. Der millionenschwere Start-up-Unternehmer Gregory Hollister stirbt bei einem Unfall, niemand weiß, wo er sein enormes Vermögen geparkt hat. Privatdetektiv Ed Dante macht sich im Auftrag der Schwester des Toten auf die Suche nach dem digitalen Geld, das gerüchteweise einen Wert von mehreren Milliarden Dollar haben soll.
Dante recherchiert in der hermetischen Welt der Bitcoin-Community, wobei er schnell feststellt, dass noch ganz andere Mächte hinter diesem Haufen Geld her sind, das FBI etwa oder Geheimdienste ausländischer Staaten. Und nicht alle führen sie Gutes im Schilde, denn bei dem Geheimnis um „Montecrypto“ scheint es um weit mehr zu gehen als um ein stattliches Vermögen. Diese Spekulationen werden befeuert, als im Netz Videos auftauchen, die Hollister offenbar kurz vor seinem Tod gemacht hat und in denen er sich in Andeutungen über den Verbleib seines Geldes ergeht. „Montecrypto“ ist ein glänzend geschriebener Thriller über die Zukunft unserer Weltwirtschaft.
Einen ganz anderen Ton schlägt Matthias Wittekindt in „Vor Gericht“ (Kampa, 310 S., 19,90 Euro) an. Bedächtig und mit leisem Humor erzählt er seine Geschichte, die den Untertitel „Ein alter Fall von Kriminaldirektor a. D. Manz“ trägt. Manz hat sich mit seiner Pension wohl eingerichtet, geht rudern auf der Elbe in Dresden, trinkt sein Bier. Alles ändert sich, als Manz von der Berliner Staatsanwaltschaft vorgeladen wird. Er soll in seinem letzten Fall eine Aussage machen, damals blieb die Sache ungeklärt, jetzt scheint der Mörder gefunden. Manz ist wie elektrisiert, er lässt sich die Akten kommen und taucht tief in die Geschehnisse jener Zeit ein.
Wo haben sie damals bei den Ermittlungen einen Fehler gemacht? Haben sie sich zu schnell mit dem Offenkundigen zufrieden gegeben? Es ist eine atmosphärisch dichte Geschichte, die Wittekindt erzählt, mit ausgefeilter Dramaturgie, genau entworfenen Charakteren, getragen im Ton, aber mit einem starken Sog.
Die Hamburger Autorin Nora Luttmer hat lange Jahre in Vietnam gelebt, was sich auch thematisch in ihren bisherigen Romanen widerspiegelt. Mit „Hinterland“ (rororo, 414 S., 10 Euro) bewegt sie sich auf gänzlich neuem Terrain. Ochsenwerder, die hanseatische Bronx? Nicht ganz, aber der Hamburger Stadtteil ist jener Ort, an dem Luttmer ihre Krimireihe um die ehemalige Kommissarin Bette Hansen beginnen lässt. Hansen musste aus dem Dienst ausscheiden, da sie unter plötzlichen Schlafattacken leidet. Als sie in ihrem Garten eine Muschel findet, in die ein Kreuz geritzt ist, überfallen sie dunkle Ahnungen. Einst hatte ein Mann, den sie den Muschelmörder nannten, zwei Menschen getötet. Was hat die Muschel Jahre später in Hansens Garten zu bedeuten? „Hinterland“ ist ein spannender Auftakt der Reihe, und mit Bette Hansen ist Nora Luttmer eine vielschichtige Figur geglückt.
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