Neue Krimis

Rechtsradikalismus, Drogendelikte, Gier und Korruption

| Lesedauer: 3 Minuten
Volker Albers
„Horst Eckert zählt zu den stärksten Autoren deutschsprachiger Kriminalromane. Nun ist sein Thriller "Die Stunde der Wut“ erscheinen (Archivbild).

„Horst Eckert zählt zu den stärksten Autoren deutschsprachiger Kriminalromane. Nun ist sein Thriller "Die Stunde der Wut“ erscheinen (Archivbild).

Foto: IMAGO / Walter Baehnisch

Abendblatt-Krimiexperte Volker Albers stellt Neuerscheinungen vor, diesmal von Jan Seghers, Horst Eckert und Melissa Scrivner Love.

Mit seiner sechs Bände umfassenden Reihe um Kommissar Marthaler war Jan Seghers vor Jahren erfolgreich. Das ZDF verfilmte die in Frankfurt am Main spielenden Romane. Jüngst nun hat Seghers mit „Der Solist“ (Rowohlt, 336 S., 20 Euro) eine neue Figur auf das kriminalistische Tableau gehoben.

Neuhaus heißt der Mann, ist von Frankfurt nach Berlin gewechselt in die „Sondereinheit Terrorabwehr“, einer, der die Dinge eher für sich klärt. Doch ganz allein geht es nicht, das merkt Neuhaus, als er es mit dem Mord an einem jungen Mann zu tun bekommt; jüdischen Glaubens war der Tote und politisch aktiv. Es ist kurz vor den Bundestagswahlen, weitere Menschen sterben, die Sicherheitskräfte sind nervös. Neuhaus bleibt cool, erst einmal.

"Der Solist“ von Jan Seghers: Höchst aktuell und brisant

Der Rechtsradikalismus ist Jan Seghers’ Thema, außerhalb und innerhalb der Polizei. Höchst aktuell und brisant ist das, worüber er schreibt, doch fügt er dem Komplex wenig neue Facetten hinzu. Gleichwohl ein lesenswerter Kriminalroman. Dass allerdings die Mutter von Neuhaus einst im RAF-Umkreis verortet war, diese Konstellation kennen wir aus den Romanen von Horst Eckert.


„Die Stunde der Wut“
(Heyne, 446 S., 12,99 Euro) schlägt in dem neuen Thriller von eben jenem Horst Eckert. Auch die Mutter seines Serienhelden Vincent Veih, Kommissar bei der Düsseldorfer Mordkommission, rückt wieder ins Geschehen: Mithilfe junger Weggefährten lässt die RAF-Veteranin Autos in Flammen aufgehen. Klingt abstrus – die Frau ist schließlich 70 –, macht aber Sinn im Fortgang der Geschichte.

„Die Stunde der Wut“ von Horst Eckert: Dramaturgie der Verknappung

Veih und Kommissarin Adan bekommen es mit einem heiklen Fall zu tun: Eine junge Frau ist mit mehreren Messerstichen ermordet worden, unter Verdacht gerät ihr Freund, ein Kurde. Die Tote war die Tochter eines Psychiaters, der in Drogengeschäfte verwickelt ist. Der Sohn des Mannes ist vor Jahren in die rechtsradikale Szene abgedriftet, damals kam eine Polizistin zu Tode. Ein nicht aufgeklärter Fall, Adan will ihn neu aufrollen. Neonazismus, Drogendelikte, Gier und Korruption.

Horst Eckert ist kein Autor, der gedrechselte Sätze schätzt, seine Sprache ist schnörkellos. Filmisch reiht er die Szenen aneinander, kaum ein Kapitel ist länger als drei oder vier Seiten. Eine Dramaturgie der Verknappung, der Spannung kommt sie unbedingt zugute. Horst Eckert zählt zu den stärksten Autoren deutschsprachiger Kriminalromane.

„Capitana“ von Melissa Scrivner Love: Ein mitreißender Kriminalroman


Härter und schneller geht es in „Capitana“ (Suhrkamp, 334 S., 15,95 Euro) der US-Autorin Melissa Scrivner Love zu. Ihre Heldin ist Lola Vasquez, Gang-Leaderin in Los Angeles, kaltblütige Killerin und fürsorgliche Mutter einer Pflegetochter, die sich immer um das Wohlergehen der Nachbarn kümmert. Lola ist eine so widersprüchliche wie faszinierende Figur, die trotz ihrer machtvollen kriminellen Energie alle Sympathien auf sich zu ziehen weiß.

Kompliziert wird die Sache, als sie einer schwangeren Frau verspricht, sie gegen ihren demnächst aus dem Knast kommenden gewalttätigen Ehemann zu helfen. Sprich: den Mann auszuschalten. Lola ist hereingelegt worden, in der Folge bahnt sich ein Drogenkrieg an. Melissa Scrivner Love erzählt packend von den dunklen Milieus in Los Angeles, ihre Heldin ist eine nahezu singuläre Figur in diesem mitreißenden Kriminalroman.