Hamburg. Die Akademie für Alte Musik Berlin leistet mit den “Letzten Leiden des Erlösers“ Schwerarbeit, ohne das je ahnen zu lassen.

Zwischenapplaus bei einer Passionsmusik? Das gibt’s. Der Beifall muss einfach raus nach diesem Duett. Man möchte sich ganz ungeistlich darin aalen, so unverschämt sinnlich gurren die Sopranistinnen Julia Lezhneva und Berit Solset und verschlingen ihre Stimmen in Terzgirlanden, delikat umspielt von den Flöten.

Carl Philipp Emanuel Bach, nennen wir ihn im Musikerslang kurz CPE, macht in seiner Kantate „Die letzten Leiden des Erlösers“ von 1770 so ungefähr alles anders, als es der auf den zuverlässigen Wechsel zwischen Bach Vaters „Matthäus-Passion“ und „Johannes-Passion“ abonnierte Hamburger Hörer in der Karwoche erwartet. Der Sohn vertont keinen Evangelientext, sondern eine Nachdichtung seiner Zeitgenossin und Seelenfreundin Anna Louisa Karsch. Er lässt Hörner schmettern und Pauken knattern, die Geigen vollführen Tanzsprünge, und überhaupt geht es zwischendurch so leicht und heiter zu, wie es angesichts des Sujets nur zugehen kann in einer Epoche, in der Sterben und Tod zum Alltag dazugehören.